Sicherheitsbericht des NDB: Gefahr durch Spione, Terror und Trump
Der NDB präsentiert den Lagebericht zur «Sicherheit Schweiz 2024»: Die Bedrohungen bleiben gleich oder erhöhen sich sogar – je nach Ausgang der US-Wahlen.
Das Wichtigste in Kürze
- Das sicherheitspolitische Umfeld der Schweiz verschlechtert sich weiter.
- Dies zeigt der Nachrichtendienst des Bundes in seinem Lagebericht.
- Im Fokus stehen Russland, Terrorismus und die US-Aussenpolitik.
Welche Faktoren bedrohen die Sicherheit der Schweiz – und wie haben sich diese im laufenden Jahr verändert? Darauf gibt der neue Lagebericht zur «Sicherheit Schweiz 2024» des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) Auskunft. Verteidigungsministerin Viola Amherd warnt allerdings bereits in ihrem Vorwort: «Die folgenden Seiten sind keine erfreuliche Lektüre.»
Gefahr aus Russland, Nahost und den USA
Wir lebten in «einer gefährlichen, volatilen Übergangszeit hin zu einer Neuordnung der globalen Machtverhältnisse», hält der NDB fest. «Das sicherheitspolitische Umfeld der Schweiz verschlechtert sich von Jahr zu Jahr weiter.»
Gefahr droht – wenig überraschend – wegen dem andauernden Ukraine-Krieg und der Eskalation in Nahost. Aber auch russische Spionage, immer noch erhöhte Terrorbedrohung und die US-Wahlen werden thematisiert.
Das geopolitisch besorgniserregendste «Muster» ist für den NDB eines, das weit weg scheint. Jedoch wirke es sich verstärkt auf regionale Kriege und Krisen aus. Dabei geht es um Zusammenarbeit, aber halt eben auf militärischer Ebene: Die Kooperation von China, Russland, Iran und Nordkorea.
Atomarer Ukraine-Krieg und russische Spionage
Ein Ende des Ukraine-Kriegs zeichnet sich gemäss NDB weder auf militärischer noch diplomatischer Ebene ab. Erheblich gewachsen sei dagegen das Risiko eines militärischen Zwischenfalls zwischen Russland und der Nato. Russland werde wohl auch weiterhin mit dem Einsatz von Atomwaffen drohen. Immerhin: Deren Einsatz in der Ukraine hält der NDB für «sehr unwahrscheinlich».
Hingegen sei auch die Schweiz direkt ins Visier Russlands geraten: So etwa im Vorfeld des Besuchs von Ukraine-Präsident Selenskyj. Damals habe es auf uns zugeschnittene Beeinflussungsversuche gegeben.
Tatsächlich gehe die grösste Bedrohung der Schweiz durch Spionage geht aktuell von russischen Nachrichtendiensten aus. Auf Cyberangriffe spezialisierte russische Einheiten hätten unter anderem in der Schweiz ein Netz aus Servern, Routern und anderem Equipment eingerichtet.
Damit und mit angeheuerten schweizerischen Staatsangehörigen werde nicht nur Spionage betrieben. Sie werden auch genutzt für Propaganda, verdeckte Einflussnahme und die Beschaffung sanktionierter Güter.
Wegen der vielen internationalen Organisationen bleibe die Schweiz ein bevorzugter Aktionsraum für russische Geheimdienste. Die Bedrohung durch Spionage und Angriffe im Cyberraum nehme «sehr wahrscheinlich zu». Ebenfalls hoch sei die Bedrohung der Schweiz durch chinesische Nachrichtendienste.
US-Wahlen mit potenziell «äusserst wahrscheinlichen negativen Folgen»
Je nachdem wie es herauskommt: Eine Richtungswahl in den USA ist es so oder so. Mit weltweiten Folgen, auch für die Schweiz. Der NDB vermeidet es tunlichst, das Kind beim Namen zu nennen, doch zwischen den Zeilen ist klar: Die Gefahr heisst Donald Trump.
Denn er ist es, der sich immer wieder kritisch zur Nato äussert. Eine Schockwirkung auf die Nato-Staaten bleibt gemäss NDB eine reale Möglichkeit. Es genüge nur schon eine «unklare Haltung» zur Bündnisverpflichtung der Nato: Dies hätte «äusserst wahrscheinlich» weitere negative Folgen für das sicherheitspolitische Umfeld der Schweiz.
Sogar einen russischen Angriff auf die Nato-Ostflanke skizziert der NDB: Nämlich dann, wenn die Ukraine den Krieg verliere, die Nato gleichzeitig geschwächt und das US-Engagement in Europa reduziert sei. Also mehr oder weniger das, was Donald Trump mit seinem «America First» im Sinn hat.
Nahost und Terrorismus
Wenig Positives sieht der NDB auch im Nahen Osten. Ausser dass sowohl der Iran wie auch die Hisbollah wohl eine Eskalation beziehungsweise einen vollumfänglichen Krieg mit Israel vermeiden wollen. Wenn sich die Lage aber zu Ungunsten der Hisbollah entwickle, werde sie umso eher terroristische Mittel auch ausserhalb Nahost einsetzen.
Für die Schweiz bleibe die Terrorbedrohung erhöht und habe sich 2024 sogar noch zugespitzt. Die Konflikte im Nahen Osten könnten zu mehr Migration führen. Diese selbst betrachtet der NDB indes nicht als sicherheitsrelevant. Aber sie beeinflusse die Bedrohungslage.
Einerseits könnten Dschihadisten die Flüchtlingsströme missbrauchen, um nach Europa zu gelangen. Andererseits radikalisierten sich Flüchtlinge auch erst in Europa dschihadistisch.
Als weiteren Punkt nennt der NDB: Auch in Schweizer Gefängnissen gebe es Häftlinge mit Terrorismusbezug und Fälle von Radikalisierung während der Haft. Haftentlassene könnten nach ihrer Entlassung aus dem Strafvollzug in ihr bisheriges Umfeld zurückkehren und weiter Terroraktivitäten unterstützen oder selbst entfalten.
Insgesamt stellt der NDB in diesen und anderen Sicherheitsbereichen überwiegend stabile oder verschlechternde Bedingungen fest. Keine erfreuliche Lektüre also. Doch Bundespräsidentin Amherd hält fest: «Ich lege Ihnen diese als Bürgerinnen und Bürger der Schweiz trotzdem ans Herz!»