Darum gibt es gerade jetzt so viele Terror-Anschläge
Aktuell vergeht kaum ein Monat ohne Terror. Ein Experte führt die Häufung der Anschläge auf zwei Faktoren zurück. Auch die Schweiz sei ein «relevantes Ziel».
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Das Wichtigste in Kürze
- Die Terror-Anschläge in Europa häufen sich.
- Vor allem Deutschland ist häufig im Visier der Terroristen.
- Ein Experte geht davon aus, dass auch in der Schweiz die Gefahr erhöht ist.
Immer wieder wird der deutschsprachige Raum von Terror-Anschlägen erschüttert.
Zuletzt ging ein Syrer in Villach (Ö) mit einem Messer auf Passanten los. Nur wenige Tage vorher fuhr ein Afghane in München in eine Menschenmenge. Aber auch die Attentate von Solingen und Magdeburg (beides Deutschland) sind noch nicht lange her.
«Wir befinden uns derzeit bedauerlicherweise in einer Hochkonjunkturphase des islamistisch motivierten Terrorismus», sagt Terrorismus-Experte Nicolas Stockhammer zu Nau.ch.
«Fast im Monatstakt ist in Europa mittlerweile ein Terroranschlag zu beklagen.»
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Die terroristische Taktfrequenz sei nachweislich angestiegen. Durchgeführte sowie versuchte Anschläge, vor allem durch selbst-radikalisierte Einzeltäter, haben sich laut Stockhammer seit dem Israel-Gaza-Krieg gehäuft.
Aber warum kommt es gerade jetzt zu so vielen Terror-Anschlägen? Dem Experten zufolge ist das «sehr wahrscheinlich» auf zwei Faktoren zurückzuführen.
Salafisten-Influencer boomen
Einerseits auf eine «sich entwickelnde Spirale von Nachahmungstaten im niederschwelligen Low-Level-Bereich». Also Taten, die spontan und wenig geplant sind und bei denen einfache Mittel verwendet werden.
Andererseits auf «eine drastische Zunahme hinsichtlich islamistischer Propaganda im Netz, vor allem durch salafistische Influencer-Prediger auf einschlägig benutzten Plattformen».
Der Gaza-Krieg wirke auf die Islamistenszene, vor allem im virtuellen Raum, «dynamisierend».
Auf einen direkten Zusammenhang zwischen den sich häufenden Anschlägen und den deutschen Bundestagswahlen gebe es jedoch bislang «kaum glaubhafte Hinweise».
In Bezug auf Nachahmungstäter erklärt Stockhammer, das «Copy-Cat-Prinzip» habe «sicherlich Schule gemacht».
Heisst: Verschiedene Vorgehensweisen, wie zum Beispiel eine Messerattacke, werden «einfach kopiert». Selbst-radikalisierte Einzeltäter imitieren «ganz bewusst bereits erfolgte Szenarien».
«Derzeit sind regelmässig wiederkehrende Muster bei der Tatbegehung zu beobachten», erklärt der Terrorismus-Experte.
Schweiz «relevantes Ziel»
In der Schweiz ist es bislang zu deutlich weniger islamistisch motivierten Attacken gekommen als etwa in Deutschland.
«Zuletzt war vor allem Deutschland regelmässig ins Visier des Dschihadismus gerückt», sagt Stockhammer.
Doch Stockhammer warnt: Es sei davon auszugehen, dass auch in der Schweiz die Terrorgefahr erhöht ist.
Denn: «Durch die ausgeklügelte IS-Strategie des ‹virtuellen Kalifats› ist es jederzeit möglich, potenzielle Attentäter an praktisch jedem Ort zu rekrutieren.»
Villach habe man bis vor ein paar Tagen auch «eher mit ausgelassener Faschingsstimmung als mit Terror assoziiert».
Die Schweiz sei «ein relevantes Ziel», so Stockhammer. Als wichtige Gründe listet er ihre zentrale Lage und ihr nachbarschaftliches Umfeld auf.
Dort kommt es immer wieder zu terroristischen Vorfällen – und grenzüberschreitende Verbindungen sind möglich.
«Nicht zuletzt ist aber auch die eigene Islamistenszene im Land ein bestimmender Faktor für die Bedrohungslage», sagt der Experte.
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Hierzulande gab es bisher drei Messerattacken durch IS-Anhängerinnen und -Anhänger.
2020 erstach ein Dschihadist in Morges VD einen 29-Jährigen in einem Kebab-Shop. Im selben Jahr verletzte eine Islamistin zwei Frauen in Lugano mit einem Messer.
2024 dann die jüngste Tat – und die erste in der Deutschschweiz: Ein Teenager, der sich im Internet radikalisiert hat, sticht einen Juden in Zürich nieder. Der Mann überlebt.