SP-Jositsch zu Alain Berset: «Es gibt da nichts zu verteidigen»

Miguel Pereiro
Miguel Pereiro

Aarau,

Lange hat es gedauert, doch nun äussert sich mit Ständerat Daniel Jositsch erstmals ein SP-Politiker kritisch zum Irrflug von Alain Berset.

Bundesrat Daniel Jositsch
Daniel Jositsch, Ständerat SP-ZH, spricht während einer Medienkonferenz des JA-Komitees «Raus aus der Massentierhaltung», am Montag, 11. Juli 2022, in Bern. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die SP schweigt eisern zum neuesten Eklat von Bundesrat Alain Berset.
  • Ständerat Daniel Jositsch kritisiert in einer Talksendung nun Bersets Verhalten.
  • Jositsch sagt glasklar: «Es gibt da wirklich nichts zu verteidigen.»

Mit seinem Irrflug in Frankreich schrieb Bundesrat Alain Berset ein weiteres Kapitel seiner «Privatsachen»-Reihe. Ein gefundenes Fressen für seine Gegner, die ersten Rücktrittsforderungen liessen nicht lange auf sich warten. Seine SP hingegen schweigt eisern.

Daniel Jositsch ist der erste hochrangige SP-Vertreter, der sich dazu äussert: «Nein, ich schweige nicht», antwortet der SP-Ständerat in der CH-Media-Sendung «Sonntalk». «Es gibt da wirklich nichts zu verteidigen.»

Daniel Jositsch
Daniel Jositsch (SP), Ständerat Kanton Zürich. (Archivbild) - keystone

In einer Zeit, in der wir eine Energiekrise hätten und die Klimaziele erreichen wollten, sei es nicht verständlich, dass Berset mit einem Privatflugzeug unterwegs sei. «Wie der Zwischenfall entstanden ist, das kommt ja noch dazu.»

Was frühere Eklats angeht, nimmt er seinen Bundesrat noch in Schutz. Die Beziehung des Bundesrats sei eindeutig Privatsache. Auch sei er nicht direkt dafür verantwortlich, wenn gegen seinen ehemaligen Kommunikationschef ermittelt werde.

Privat Alain Berset
Bundesrat Alain Berset erscheint an der Sommertagung der SP Schweiz, am Samstag, 2. Juli 2022 in Biel. - Keystone

Doch beim Ausflug in Frankreich sei dies anders, findet Jositsch. «Jetzt aber bin ich der Meinung, das ist eine öffentliche Sache. Wenn ein Bundesrat, oder irgendein Schweizer, mit einem Flugzeug im Ausland einen Militäreinsatz auslöst, dann ist das eine öffentliche Sache.»

Daniel Jositsch: «Rücktrittsforderungen finde ich übertrieben»

«Was ich aber übertrieben finde, sind die Rücktrittsforderungen», so Jositsch. Man könne einen Bundesrat natürlich für solche Sachen kritisieren.

Verstehen Sie die Rücktrittsforderungen an Alain Berset?

Man sollte die Bundesräte jedoch auch an ihren politischen Leistungen messen. Vor einem Jahr sei Alain Berset noch einer der beliebtesten Bundesräte gewesen. Alle hätten ihm attestiert, in der Corona-Krise einen guten Job gemacht zu haben.

Kann Alain Berset noch Bundespräsident werden?

Neben den Rücktrittsforderungen stellt sich die Frage, ob Alain Berset im nächsten Jahr erneut Bundespräsident werden kann. Für die ebenfalls anwesende SVP-Nationalrätin Monika Rüegger ist klar, ihre Stimme kriegt der Gesundheitsminister nicht: «Im Moment habe ich null Vertrauen mehr in diese Person.»

Der Luzerner FDP-Ständerat Damian Müller lässt die Frage offen, ob Berset auf seine Stimme zählen kann. Er habe langsam das Gefühl, Berset verliere den Boden unter den Füssen. Er müsse deswegen in den nächsten Wochen zuerst den Tatbeweis erbringen, dass er es als Bundesrat noch ernst nehme.

Harte Kritik auch an den Gesamtbundesrat

Doch Daniel Jositsch geht mit seiner Kritik noch weiter: «Der Bundesrat arbeitet nicht gut als Team zusammen. Deswegen haben sie in dieser Legislatur noch kein grosses Dossier durchgebracht.»

Alain Berset
Die Bundesräte und Bundeskanzler Walter Turnherr posieren während der Bundesratsreise am Rheinfall in Schaffhausen. - Keystone

Er richtet auch einen Appell an die restlichen Parlamentarier im Hinblick auf die nächsten Wahlen: «Wir müssen aufpassen, dass wir bei der Bundesratswahl neben all den Voraussetzungen, die jemand erfüllen muss mit Geschlecht, Kanton, Sprache und weiss nicht was alles, uns irgendwann auch die Frage stellen: Ist die Person überhaupt geeignet für dieses Amt?»

«Die Zeit, während der in der Schweiz alles wie von alleine gelaufen ist, ist durch», mahnt Jositsch. «Jetzt brauchen wir Führungspersönlichkeiten.»

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