Ständerat ebnet Weg für Wechsel des Geschlechts
Das Wichtigste in Kürze
- Der Ständerat unterstützt Menschen mit einer Transidentität.
- Diese sollen Namen und Geschlecht unbürokratisch ändern lassen können.
- Damit unterstützt der Ständerat den Vorschlag des Bundesrates.
Menschen mit einer Transidentität sollen Geschlecht und Vorname im Personenstandsregister unbürokratisch ändern lassen können. Der Ständerat unterstützt diesen Vorschlag des Bundesrats.
Jede Person, die das Geschlecht wechseln wollen, solle mit einer Erklärung gegenüber dem Zivilstandsamt eine Änderung des Eintrags bewirken können. Dies sagte Beat Rieder (CVP/VS) im Namen der einstimmigen Rechtskommission. «Es ist ein wichtiges Geschäft für eine ganz kleine Personengruppe in der Schweiz.»
Bisher nur nach operativer Geschlechtsumwandlung möglich
Bis vor wenigen Jahren war die Änderung des Geschlechtseintrags erst nach einer chirurgischen Sterilisation und einer operativen Geschlechtsumwandlung möglich. Das ist heute zwar nicht mehr Bedingung. Da es aber keine klare gesetzliche Regelung gibt, müssen Transmenschen weiterhin grosse Hürden überwinden.
Nun soll das Zivilgesetzbuch entsprechend angepasst werden. Die kleine Kammer stimmte der Änderung am Donnerstag mit 31 zu 7 Stimmen bei 7 Enthaltungen zu.
Der Bundesrat will mit den Neuerungen den Bedürfnissen der Betroffenen besser Rechnung tragen und ihnen langwierigen und uneinheitlichen Verfahren ersparen. Eine Änderung im Personenstandsregister hat keinen Einfluss auf eine bestehende Ehe oder registrierte Partnerschaft. Auch Eltern-Kind-Verhältnisse bleiben unverändert.
Im Ständerat ergriff nur Werner Salzmann (SVP/BE) das Wort gegen die Vorlage. Das heutige System stehe verschiedenen Lebensrealitäten nicht im Weg. Das sei auch richtig so. Jedoch sei ein ordentliches Verfahren vonnöten.
Urteilsfähigkeit wird vorausgesetzt
Das nun vorgeschlagene einfache Verfahren berge Missbrauchspotenzial, warnte Salzmann. «Die innerste Selbstüberzeugung ist schwer zu beweisen.» Für Zivilstandsämter handle sich um eine «Verkomplizierung der Abläufe».
Justizministerin Karin Keller-Sutter konterte, dass der Verband der Zivilstandsbeamten einhellig hinter der Vorlage stehe. Es sei nun an der Zeit, das Gesetz an die gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen. Transmenschen seien jahrzehntelang behördlich bevormundet worden. Das dunkle Kapitel müsse nun geschlossen werden.
Wer eine Erklärung für eine Geschlechtsänderung abgeben will, muss urteilsfähig sein. Minderjährige und Menschen mit umfassender Beistandschaft müssen die Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters einholen.
«Keine ausländische Rechtsordnung kennt eine andere Regelung», sagte Rieder im Namen der knappen Kommissionsmehrheit. Es handle sich um «nicht gefestigte Persönlichkeiten», das Missbrauchspotenzial sei höher.
Binäre Geschlechtsordnung wird nicht infrage gestellt
Eine linke Minderheit wollte auf die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters verzichten, unterlag aber mit 27 zu 15 Stimmen. Viele betroffene Jugendliche befänden sich in schmerzhaften Konflikten mit ihren Eltern, argumentierte Lisa Mazzone (Grüne/GE) erfolglos. Für sie bedeutete das Einholen einer Erlaubnis eine zu grosse Erschwernis.
Jedes Jahr werden in der Schweiz zwanzig bis hundert Kinder geboren, deren Geschlecht nicht eindeutig bestimmt werden kann. In diesen Fällen wird von Variante der Geschlechtsentwicklung gesprochen.
Die binäre Geschlechterordnung (männlich/weiblich) wollte der Bundesrat nicht infrage stellen. Eine dritte Geschlechtskategorie - etwa «unbestimmt» - wird nicht eingeführt. Allerdings erstellt der Bundesrat im Auftrag des Parlaments einen Bericht zu dieser Frage. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.