SVP-Glarner und SP-Nussbaumer zoffen sich wegen Europafahne
Nationalratspräsident Eric Nussbaumer (SP) schmückt sein Büro mit einer Europafahne. «Ein Zeichnen der Unterwerfung», findet SVP-Nationalrat Andreas Glarner.
Das Wichtigste in Kürze
- Nationalratspräsident Eric Nussbaumer (SP) drapiert sein Büro mit einer Europafahne.
- Für Andreas Glarner ein «Zeichen der Unterwerfung» – der Reiz-Stoff soll entfernt werden.
- Nach der Episode scherzt der Nationalratspräsident auf Twitter: «Fahnengate gelöst!»
Unter der Bundeshauskuppel werden nicht nur Fragen von nationaler Bedeutung thematisiert – manchmal geht es auch um vermeintliche Banalitäten: Jüngst ereignete sich eine Episode aus dieser Kategorie unter dem Titel «Fahnengate».
Der Reihe nach: Wie die «Weltwoche» berichtete, steht im Büro von Nationalratspräsident Eric Nussbaumer (SP) eine «EU-Fahne». Das Hoheitszeichen der Europäischen Union im Arbeitszimmer des höchsten Schweizers?
«Williger EU-Zudiener» an Spitze des Nationalrats?
Für die «Weltwoche» ein klares Zeichen dafür, für wessen Interessen der Baselbieter sich einsetze. Die EU dürfe sich über einen «willigen Zudiener» an der Spitze des Parlaments freuen. Vor dem Hintergrund des – wenigstens aus Sicht der Volkspartei – alles andere als vielversprechenden EU-Verhandlungsmandats ein grosses Problem.
Tatsächlich ist Eric Nussbaumer nicht «nur» Nationalratspräsident. Er ist auch der Präsident der «Europäischen Bewegung» – oder der «landesweit wichtigste EU-Turbo», wie die «Weltwoche» betont. Für SVP-Nationalrat Andreas Glarner Grund genug, um die Thematik in der Fragestunde des Bundesrates aufs Tapet zu bringen.
Der Aargauer wollte vom Büro des Nationalrats wissen, auf wessen Wunsch das fremde Hoheitszeichen ins Büro des Ratspräsidenten kam. Die SVP-Reizfigur bat darum, die umgehende Entfernung «dieses Zeichens der Unterwerfung» anzuordnen. Wenigstens bei offiziellen Empfängen oder Besuchen soll die Fahne weichen, verlangte Glarner.
Nationalratsbüro nimmt Stellung
Am Montag nahm das Büro des Nationalrats zu den Fragen des SVP-Provokatuers Stellung: «Die Installation der Flaggen der Schweiz, des Kantons Basel-Landschaft und Europas erfolgte auf Wunsch des Nationalratspräsidenten.»
Die Fahne mit zwölf goldenen, fünfzackigen Sternen im Kreis angeordnet auf blauem Hintergrund war ursprünglich das Symbol des Europarates: 1955 wurde sie vom Europarat – welchem die Schweiz seit 1963 angehört – als europäische Flagge eingeführt. Erst später wurde sie auch zum Symbol der Europäischen Union, wie das Nationalratsbüro erklärt.
«Heute steht sie für eine gemeinsame europäische Identität und für die Zusammengehörigkeit, die alle Europäer über ihre Verschiedenheit hinaus eint.» Die Auffassung Glarners, dass diese Fahne im Büro des höchsten Schweizers nichts zu suchen habe, kommentierte das Büro nicht: «Wir äussern uns nicht zur Ausstattung der Räumlichkeiten des Nationalratspräsidenten.»
Man erachte die europäische Fahne jedoch nicht als Zeichen der Unterwerfung: Im Gegenteil fühle man sich den vom Europarat vertretenen Werten verpflichtet, so die Stellungnahme. Dabei verwies das Büro auf die Förderung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
Dass die Fahne wenigstens während offiziellen Empfängen oder Besuchen weichen soll, hält das Büro ebenfalls für unnötig: Immerhin fänden dieselben in der Regel in «anderen Räumlichkeiten des Parlamentsgebäudes» statt.
Eric Nussbaumer freut sich: «Fahnengate gelöst»
Wenigstens Nationalratspräsident Eric Nussbaumer scheint mit der Antwort des Nationalratsbüros zufrieden zu sein. In den sozialen Medien teilt der Sozialdemokrat eine kurze Aufnahme des Reiz-Stoffs in all seiner Pracht. Dazu schreibt der höchste Schweizer mit einem Augenzwinkern: «Fahnengate gelöst» und ein Emoji mit einem «glücklichen Mann mit erhobener Hand».
Tatsächlich ist Eric Nussbaumer ein notorischer Europaflaggen-Enthusiast: Schon 2022 hatte der Wiederholungstäter seine Freude über die zentrale Platzierung des bunten Stoffes zum Ausdruck gebracht. Anlass damals war ein Staatsbesuch von Bundesrat Ignazio Cassis in Berlin.
Auch Nussbaumers Mitgliedschaft bei der Europäischen Bewegung und sein damit verbundenes Engagement für einen Schweizer EU-Beitritt sind keineswegs ein Geheimnis. Ob der Baselbieter damit tatsächlich plant, die Schweiz der EU zu «unterwerfen», hängt hingegen vom Blickwinkel des Betrachters ab.