Ukraine-Krieg: Schweiz übernimmt die EU-Sanktionen gegen Russland
Die Schweizer Regierung übernimmt die EU-Sanktionen gegen Russland nun doch. Somit werden Konten von Oligarchen eingefroren und der Luftraum gesperrt.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat hat heute an einer Sitzung den Umgang mit Russland-Sanktionen besprochen.
- Die Schweiz übernimmt nun doch sämtliche Sanktionen der EU.
- Ignazio Cassis, Karin Keller-Sutter, Viola Amherd und Ueli Maurer traten vor die Medien.
Wegen des Angriffs auf die Ukraine hat die EU Sanktionen gegen Russland beschlossen. Bisher war der Bundesrat beim Kurs von 2014 nach der Annexion der Krim geblieben und lediglich verhindert, dass die Schweiz genutzt werden konnte, um die Sanktionen zu umgehen.
Heute hat der Bundesrat allerdings einen Richtungswechsel beschlossen: Die Schweiz übernimmt ab sofort sämtliche EU-Sanktionen gegen Russland. Bundespräsident und Aussenminister Ignazio Cassis, Justizministerin Karin Keller-Sutter, Verteidigungsministerin Viola Amherd und Finanzminister Ueli Maurer haben darüber informiert.
Das sind die wichtigsten Punkte:
- Der Bundesrat hat am Montag beschlossen, die Sanktionen der EU zu übernehmen. Die Vermögen der gelisteten Personen und Unternehmen sind ab sofort gesperrt, wie Ignazio Cassis mitteilte.
- Auch die Finanzsanktionen gegen den russischen Präsidenten Vladimir Putin, gegen Premierminister Michail Mischustin und Aussenminister Sergej Lawrow würden mit sofortiger Wirkung vollzogen.
- Das Abkommen von 2009 über die Visaerleichterung für Russinnen und Russen wird teilweise suspendieret, so Karin Keller-Sutter. Diplomaten könnten weiterhin einreisen, um Gespräche und Verhandlungen in der Schweiz weiterhin zu ermöglichen.
- Der Schweizer Luftraum ist seit heute 15 Uhr für alle Flüge aus Russland und für russische Flugzeuge gesperrt. Dies gilt für Linien- und Privatflüge, nicht jedoch für Flüge zu humanitären, medizinischen oder diplomatischen Zwecken.
- Der Bundesrat bekräftigte auch die Bereitschaft der Schweiz, durch ihre Guten Dienste aktiv zu einer Lösung des Konflikts beizutragen.
- Der Angriff von Russland auf die Ukraine ist laut Bundespräsident Ignazio Cassis ein Angriff auf die Souveränität, die Freiheit, die Demokratie, die Zivilbevölkerung und die Institutionen eines freien Landes. Der Bundesrat habe die Neutralitätsfrage bezüglich der Übernahme der EU-Sanktionen geprüft. Und er sei zum Schluss gekommen: «Einem Aggressor in die Hände zu spielen, ist nicht neutral.»
Hier finden Sie das Protokoll zur Medienkonferenz:
15.30: «Unsere Abklärungen lassen uns annehmen, dass ein Einsatz der nuklearen Waffen wenig wahrscheinlich ist. Entsprechend muss die Bevölkerung keine Angst haben», so Viola Amherd.
15.27: Für die Schweiz sollte es keine grösseren Probleme geben, falls Russland nun die Gaslieferungen stoppe, so Amherd.
15.23: Das sei nun kein Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Russland, so Keller-Sutter. Es gebe weiterhin Möglichkeiten, ein Visum für die Schweiz zu beantragen.
Es sei ausserdem für die internationale Gemeinschaft wichtig, dass Diplomaten weiterhin an Treffen wie die Uno-Treffen in Genf reisen können, so Cassis.
15.20: Ist die Schweiz vor dem Druck der EU eingeknickt und was bedeutet dies für die Zukunft? Cassis will es nicht als Präjudiz für die Zukunft sehen. Auf etwas so Grosses sei niemand vorbereitet gewesen. Und in dieser ausserordentlichen Zeit seien ausserordentliche Entscheide nötig.
Doch selbstverständlich stehe man auf der Seite der westlichen Werte, zu denen man sich auch bekenne.
15.18: Der Bundesrat habe keine Kenntnis über Vermögen von Putin oder seines Aussenministers in der Schweiz, so Cassis.
15.16: Die Beziehungen zu Moskau seien weiterhin präsent, so Cassis. Reaktionen aus Moskau habe es nicht gegeben, da Russland nicht vorgängig informiert worden sei.
15.14: Der Rohstoffhandel sei von den Sperrungen nicht betroffen, erklärt Ueli Maurer. Dies sei nicht Bestandteil der Sanktionen und die Schweiz könne keine eigenen erlassen. Ausserdem könnte man mit diesem Schritt andere europäische Staaten in Schwierigkeiten bringen.
15.11: Die Fragerunde beginnt. Die Völkerrechtsdirektion habe geprüft, ob die unberührbare Neutralität der Schweiz tangiert sei durch die Sanktionen. Sie sei zum Schluss gekommen, dass dies nicht der Fall sei, so Cassis.
15.08: Cassis präzisiert, das Flugverbot gelte sowohl für Linienflüge wie auch für Privatjets. Diplomatische und humanitäre Flüge seien davon ausgenommen. Die Regelung gelte seit 15 Uhr.
15.00: Viola Amherd spricht von einer sicherheitspolitischen Zeitenwende. Zusätzlich zur Frage nach Sanktionen würden auch neue Fragen zur Sicherheitspolitik ins Zentrum rücken.
Die Schweiz arbeite bereits daran, um mögliche Folgen zu antizipieren und sich darauf vorzubereiten.
Die Armee unterstütze die Schweizer Botschaft in Kiew mit 10 Soldaten des Kommando Spezialkräfte.
14.53: Karin Keller-Sutter spricht nun über die Einreiseverbote. Diese würde fünf Personen betreffen, die zum Umfeld von Präsident Wladimir Putin gehörten. Die Namen nenne man aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht.
Weiter sei das Visa-Abkommen aus dem Jahr 2009 ausgesetzt. «Visa-Erleichterungen fallen dahin», so Keller-Sutter. Diese Massnahme betreffe also alle russischen Staatsbürger.
14.50: Die Vermögen der gelisteten Personen würden ab sofort eingefroren, so Maurer. Doch die Verordnung müsse noch weiter bearbeitet werden, sobald die Schweiz alle Details der EU erhalte. In einem weiteren Paket müssten etwa die Sanktionen betreffend Bezahlsystem-Swift umgesetzt werden. In diesem Punkt könne die Schweiz nicht entscheiden, sondern müsste die Massnahmen übernehmen.
14.45: Finanzminister Ueli Maurer informiert über die geänderte Verordnung. Der Bundesrat übernehme sämtliche Massnahmen der EU. «Es besteht keine einzige Ausnahme», betont Maurer.
14.43: Der Bundesrat habe sich den Schritt gründlich überlegen müssen. Es handle sich um eine einmalige Entscheidung in Hinsicht der Neutralität der Schweiz, so Cassis. Doch der Bundesrat tue diesen Schritt nun mit voller Überzeugung. «Einem Aggressor in die Hände zu spielen, ist nicht neutral.»
Cassis kündigte an, 25 Tonnen Hilfsgüter an die Ukraine zu liefern.
14.35: Der Bundesrat hat entschieden, die EU-Sanktionen gegen Russland zu übernehmen. Die Vermögen der gelisteten Personen und Unternehmen werden ab sofort gesperrt. Auch die Finanzsanktionen gegen den russischen Präsidenten Vladimir Putin, Premierminister Mikhail Mishustin und Aussenminister Sergey Lavrov werden mit sofortiger Wirkung vollzogen. Dies hat Bundespräsident Ignazio Cassis mitgeteilt.
Krisen-Sitzung zum Ukraine-Krieg
Der Bundesrat hat am Montagmorgen ab 11:30 Uhr eine neue Krisen-Sitzung zum Ukraine-Krieg abgehalten. Dabei wurde der weitere Weg der Sanktionen gegen Russland ausgelegt.Fast schon als sicher galt etwa, dass sich die Landesregierung darauf einigen wird, russische Vermögen auf Schweizer Banken einzufrieren.
Einige Bundesratsmitglieder wollten jedoch einen Schritt weiter gehen und die EU-Sanktionen grundsätzlich mittragen – sowohl bereits beschlossene als auch künftige. Allenfalls sollen Ausnahmen formuliert werden, sollte es Gründe dafür geben.
Es sei «sehr wahrscheinlich», dass der Bundesrat in diese Richtung gehe, sagte Ignazio Cassis am Sonntagabend auch im Westschweizer Fernsehen. Auch die Möglichkeit, den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu sanktionieren, müsse auf dem Tisch liegen, so der Bundespräsident.
«Wir werden morgen in die gleiche Richtung gehen», sagte er. Die endgültige Entscheidung werde aber auf jeden Fall die Schweizer Neutralität berücksichtigen.
Ukraine-Krieg: Sperrt die Schweiz den Luftraum?
Die EU-Sanktionen beinhalten Massnahmen gegen Putin und den russischen Aussenminister Sergej Lawrow. Zudem soll Russland als Folge des Ukraine-Kriegs aus dem Swift-System ausgeschlossen werden.
Die EU sperrte am Sonntag auch den Luftraum für Flüge von und nach Russland gesperrt. Der Bundesrat wird sich am Montag auch mit dieser Frage befassen müssen. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt hat diesen Schritt vorbereitet.
Schweiz sorgt mit Kurs bei Russland-Sanktionen für Ärger in der EU
In der EU besteht die Sorge, dass die Schweiz sich den westlichen Finanzsanktionen gegen Russland nicht vollständig anschliesst. Damit würde sie zu einem Ausweichquartier für russisches Geld.
Der Kurs der Schweiz der vergangenen Tage und Wochen sorge für grosse Frustration, sagte ein EU-Diplomat am Montag in Brüssel. Es sei völlig unverständlich, wie man sich auf seine Neutralität berufen könne, wenn es um die Ahndung von Völkerrechtsbrüchen gehe.