Vaterschaftsurlaub: Claude Longchamp rechnet mit Ja
Zwei Wochen sollen Väter nach der Geburt frei erhalten. Die Corona-Krise dürfte die Abstimmung beeinflussen. Allerdings profitieren wohl nicht nur die Gegner.
Das Wichtigste in Kürze
- Am 27. September entscheidet die Stimmbevölkerung über den Vaterschaftsurlaub.
- Politologe Claude Longchamp sieht die Befürworter im Vorteil – auch wegen Corona.
- Das vermehrte Homeoffice dürfte die klassische Rollenverteilung weiter infrage stellen.
Einen einzigen Tag. So viel Freizeit erhalten Väter heute nach der Geburt eines Kindes. Einige Firmen sind zwar deutlich grosszügiger. Doch gesetzlich ist das Papi-Werden dem Zügeln gleichgestellt.
Das könnte sich schon sehr bald ändern. Am 27. September entscheidet das Stimmvolk über die Einführung eines zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubs. Dabei handelt es sich um einen Kompromiss des Parlaments. Die Initianten wollten ursprünglich vier Wochen, die Gegner gar nichts.
Aus SVP-Kreisen wurde dagegen das Referendum ergriffen. Das Nein-Lager warnt davor, dass gerade die KMU die zusätzliche Last kaum schultern können. Ausserdem wehrt sich das Komitee grundsätzlich gegen höhere Lohnabzüge.
Bis weit ins bürgerliche Lager ist der Kompromiss aber getragen. Lange zeichnete sich ein deutliches Ja ab. Doch hat durch die Corona-Krise und die daraus resultierenden Ausgaben des Bundes die Stimmung gekippt?
Longchamp: Ausgaben sind für viele «verkraftbar»
Jein, glaubt Polit-Koryphäe Claude Longchamp. «Das Umfeld hat sich eindeutig verändert», sagt er. Auf der einen Seite sei der Zeitpunkt für neue Ausgaben zwar ungünstig.
Doch vergleiche man die Ausgaben für den Papi-Urlaub mit jenen für Kampfjets, dürften die meisten zum Schluss kommen, dass dies «verkraftbar» sei, so Longchamp.
Konkret würde der Bund via Erwerbsersatzordnung wohl rund 220 Millionen Franken pro Jahr aufwenden. Daraus wird bereits der 14-wöchige Mutterschaftsurlaub bezahlt. «Für vergleichsweise wenig Geld lässt sich also ein gesellschaftliches Problem lösen.» Diese Argumentation dürfte bei vielen verfangen.
Homeoffice als Vorteil für das Ja-Lager?
Ein weiterer «Corona»-Punkt könnte für das Ja-Lager sprechen: Homeoffice. Viele Papis waren im Lockdown zu Hause, «das dürfte die klassische Rollenverteilung weiter infrage stellen», glaubt der Politologe.
Dennoch: Auch nach einem Ja dürfte die Diskussion nicht zu Ende sein. Bereits stehen Forderungen nach einer gemeinsamen Elternzeit im Raum. Die SP etwa prüft bereits eine Volksinitiative für je 14 Wochen Urlaub pro Elternteil plus 10 Wochen zur freien Aufteilung.