Vorwiegend positive Reaktionen zum Lohnschutz-Kompromiss
Die Sozialpartner begrüssen den Lohnschutz-Kompromiss des Bundesrats, warnen jedoch vor einer Verwässerung im Parlament. Arbeitgeber haben Vorbehalte.

Die Sozialpartner würdigen den vom Bundesrat übernommenen Kompromiss beim Lohnschutz weitgehend positiv. Gewerkschaften warnen vor einer Verwässerung im Parlament. Arbeitgeberseitig gibt es Vorbehalte, namentlich zum verbesserten Kündigungsschutz.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) begrüsst die Zustimmung des Bundesrates zum Sozialpartner-Kompromiss beim Lohnschutz. Ohne diesen könnten Firmen Schweizer Preise verlangen und ausländische Löhne zahlen. Das EU-Abkommen schwäche nicht nur den Lohnschutz, sondern erleichtere auch den Marktzugang für zwielichtige und halbkriminelle Firmen, schreibt der SGB in einer Mitteilung.
Paket ein «akzeptabler Kompromiss»
Die vom Bundesrat präsentierten Massnahmen zeigten, dass Rückschritte für den Lohnschutz im Verhandlungsergebnis mit der EU von allen Beteiligten anerkannt würden, hält die Gewerkschaft Unia in einer Mitteilung fest. Das verhandelte Abkommen berge offensichtlich erhebliche Risiken für die Arbeitsbedingungen in der Schweiz, die mit dem vorliegenden Massnahmenpaket «zwingend korrigiert werden müssen», so die Unia.
«Mit den beschlossenen 14 Massnahmen und den Absicherungen aus dem Abkommen mit der EU kann das bisherige Lohnschutzniveau gesichert werden», lässt sich Thomas Bauer, Leiter Wirtschaftspolitik bei Travailsuisse, dem Dachverband der Arbeitnehmenden, in einer Mitteilung zitieren. Insgesamt sei das Paket ein «akzeptabler Kompromiss», der im Parlament jedoch nicht verwässert werden dürfe.
Ein «bedeutender Schritt»
Von einem «bedeutenden Schritt» spricht der Schweizerische Arbeitgeberverband in einer Mitteilung. Die sozialpartnerschaftliche Lösung sei ein «Gewinn für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber». Bedenken hegen die Arbeitgeber einzig beim verbesserten Kündigungsschutz. Man stehe diesem Vorschlag skeptisch gegenüber und werde diesen, sobald er konkret vorliege, vertieft prüfen und beurteilen.
Grundsätzlich positiv äussert sich auch der Schweizerische Gewerbeverband (SGV). Er begrüsst insbesondere die Stärkung des Rechtsschutzes von inländischen Betrieben, die einem allgemeinverbindlich erklärten GAV unterstellt werden sollen.
Auch der SGV lehnt jedoch den Vorschlag der Bundesrates für einen verbesserten Kündigungsschutz für Arbeitnehmervertretende ab. Dieser begünstige diese Vertretungen sehr stark gegenüber gewöhnlichen Arbeitnehmenden.
SP und Grüne loben Einigung als wichtigen Schritt
Für Swissmem, den Branchenverband der Tech-Industrie, stellt das verabschiedete Paket einen «akzeptablen Kompromiss» dar. Der flexible Arbeitsmarkt bleibe erhalten, das Schutzniveau im Bereich der allgemeinverbindlich erklärten (AVE) Gesamtarbeitsverträge bleibe gesichert und der Rechtsschutz für Betriebe in Branchen ohne AVE-GAV werde verbessert.
Die SP und die Grüne Partei Schweiz zeigten sich in Mitteilungen erfreut über die Einigung der Sozialpartner und die Übernahme des Resultates durch den Bundesrat. Für die Grünen ist damit «der grösste Stolperstein» für die bilateralen Verträge mit der EU aus dem Weg geräumt. Die SP sieht darin «einen wichtigen Schritt in der Stabilisierung der Beziehungen der Schweiz mit der EU».
Beide Parteien betonen weiter, es handle sich beim Lohnschutzpaket um eine Minimallösung, die im Parlament keine Abweichung nach unten zulasse. Der Konsens der Sozialpartner beim Lohnschutz sei für die innenpolitische Akzeptanz des Verhandlungsergebnisses mit der EU zentral, würdigt die Mitte auf X (vormals Twitter) die Vorschläge des Bundesrates.
SVP lehnt EU-Verträge ab, keine Stellungnahme zum Kompromiss
Die FDP teilt auf Anfrage von Keystone-SDA mit, über die Haltung der Partei würden die Delegierten entscheiden. «Erst wenn die neuen EU-Verträge vorliegen, werden wir diese beurteilen – inklusive aller innenpolitischen Massnahmen.»
Nicht reagiert auf den Kompromiss hat die SVP. Es sei keine Stellungnahme geplant, hiess es bei der Medienstelle auf Anfrage. Die SVP weist neue Verträge zwischen der Schweiz und der EU kategorisch zurück und spricht von einem «EU-Unterwerfungsvertrag».
Hüben wie drüben wird in den Mitteilungen zum Lohnschutz-Kompromiss betont, die Initiative «Keine 10-Millionen-Schweiz» der SVP würde das Ende der Bilateralen mit der EU bedeuten und die Personenfreizügigkeit und damit auch den Zugang zu dringend benötigten Fachkräften gefährden.