Wahlen 2023: Claude Longchamp zur SVP
Das Wichtigste in Kürze
- Claude Longchamp analysiert vor den Wahlen 2023 die Stärken und Schwächen der Parteien.
- Die SVP werde besser als in 2019 abschneiden, aber nicht das Niveau von 2015 erreichen.
- Zudem könnte sie ein Problem im Ständerat haben.
CO2-Gesetz, Mediengesetz, Verhüllungsverbot: Diese Abstimmungen hat die SVP während der Legislatur fast alleine gewonnen. Die wählerstärkste Partei der Schweiz hat also nach wie vor viel Einfluss auf das politische Geschehen im Land. Bei den letzten Wahlen aber musste die SVP Verluste hinnehmen.
Kann sie für die Wahlen 2023 auf eine Erfolgswelle zählen? Politikwissenschafter Claude Longchamp ordnet für Nau.ch ein.
SVP mit durchzogener Bilanz
«Ich würde die Bilanz nicht einseitig gut machen», so Longchamp. Zwar sei die SVP auf kantonaler Ebene «plötzlich regierungsfähig geworden»: Dies verdankt die Partei einer neuen Generation von Kandidaten, die für Bürgerliche wählbar sind.
In den kantonalen Parlamenten allerdings sei die SVP nicht stärker geworden, sagt Longchamp: «Sie war nur einmal richtig gut, im Kanton Graubünden.» Das sei aber auf das neue Wahlrecht zurückzuführen: In zwei Wahlkreisen gilt das Proporz-, in den anderen das Majorzsystem, was die grosse Partei begünstigt hat.
Nähe zu Covid-Kritikern hat SVP geschadet
Mit den gewonnenen Abstimmungen gegen die Behörden konnte sich die SVP national wiederum profilieren. Vor allem bei «klassischen FDP-Themen», so Longchamp. «Sie ist sehr wachsam, wenn es um zusätzliche Ausgaben geht oder wenn es Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft betrifft.»
Bei ganz grossen Themen sei ihr der Durchbruch aber nicht gelungen, so etwa in der Aussenpolitik. Früher waren solche Vorlagen die Stärken der «Sünneli»-Partei. Das «national-konservativ denkende Publikum» fühle sich jedoch nach wie vor wohl in der SVP-Basis. Und neu könnten auch Wählende, die grosse Staatsausgaben kritisch begutachten, in der Partei eine politische Heimat finden.
Aber: «Die SVP hat bei den Covid-Massnahmen masslos übertrieben.» Bei beiden Abstimmungen um das Covid-Gesetz sei sie klar in der Minderheit gewesen. Verloren habe die SVP jedoch auch eine Kernwählerschaft.
«Die älteren Leute, die Rentnerinnen und Rentner, haben jahrelang die SVP gewählt, aus Sicherheitsgründen», so Longchamp. «Sie wollen jemanden, der gegen Kriminalität kämpft.» Mit ihrer Nähe zu massnahmenkritischen Gruppen «am Rande der Legalität» habe die Volkspartei diese älteren Personen verscheucht.
Longchamp: Wahlen 2023 werden für SVP besser sein als 2019
Wird die SVP also bei den Wahlen 2023 neue Sitze in der Bundesversammlung gewinnen können? Sie werde wohl besser abschneiden als in 2019, vermutet Longchamp, aber nicht besser als in 2015. Das grösste Problem der Partei liege im Ständerat: «Zwei Schwergewichte der SVP kandidieren nicht mehr.»
Alex Kuprecht (SZ) und Hansjörg Knecht (AG) räumen ihre Plätze. Und andere Parteien seien auf die Sitze «glustig» geworden. Sollte die Partei also diese zwei Ämter verlieren, stünde sie nur noch mit vier Ständeratsmitgliedern da.
Allem voran aber werde sich die Allianzfähigkeit der SVP nicht verbessern, ist sich Longchamp sicher. Diese grosse Schwäche werde bleiben.