WHO: Tausende wollen Austritt der Schweiz – haben sie eine Chance?
Mit einer Petition fordert die EDU den Austritt der Schweiz aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Ist das realistisch? Das sagt ein Experte.
Das Wichtigste in Kürze
- Trump will die WHO verlassen – auch Italiens Salvini spricht sich dafür aus.
- Die EDU Schweiz möchte diesen internationalen Trend nun nutzen und ebenfalls austreten.
- Ein Experte erklärt, wie realistisch dieses Vorhaben ist und was das für die WHO hiesse.
Donald Trump hat in seinen ersten Tagen als US-Präsident viele Entscheidungen getroffen. Eine Massnahme, die für besonders viel Aufsehen sorgte: Der Republikaner kündigte an, dass die USA die Weltgesundheitsorganisation verlassen werden.
Diesen Schwung wollen WHO-Gegner hierzulande mitnehmen: Die christlich konservative EDU hat letzten Samstag eine Petition lanciert, die fordert, dass auch die Schweiz aus der Organisation austritt.
Die Unterschriftensammlung soll «ein Gradmesser für die Haltung der Bevölkerung» sein, schreibt die Partei.
Nach Trump: EDU will «Momentum nutzen»
Der WHO-Austritt würde «Schlimmes von Land und Volk» abwenden, argumentiert die EDU. Er würde den Weg frei machen «für die Gründung einer neuen, transparenten Organisation».
Die Partei nimmt auch Bezug auf die Entscheidung von Donald Trump: Man müsse nun «das Momentum nutzen».
Die Sammelfrist läuft am 3. März ab. Je nach Abschneiden der Petition soll noch in der Frühjahrssession dieses Jahres ein parlamentarischer Vorstoss angeregt werden, hiess es.
EDU erreicht Ziel von 20'000 Unterschriften
Und das Interesse ist offenbar gross: Bereits in den ersten 30 Stunden kamen nach Angaben der Partei 10'000 Unterschriften zustande.
Später teilt die Partei von Präsident Daniel Frischknecht mit: Das ursprüngliche Ziel von 20'000 Unterschriften sei nach weniger als sechs Tagen erreicht worden. Neues Ziel bis zum 3. März sind 30'000 Signaturen.
Die EDU zeigt sich «völlig überwältigt». Man werde aufgrund des Erfolgs in der Frühjahrssession einen parlamentarischen Vorstoss für einen schnellstmöglichen WHO-Austritt prüfen.
Das schnelle Erreichen des Unterschriftenziels wirft die Frage auf: Wie realistisch ist ein Austritt der Schweiz? Könnte es im Parlament oder in der Bevölkerung tatsächlich Mehrheiten dafür geben?
Auch in der Schweiz gibts WHO-Skepsis
David Weisstanner, Experte für Gesundheitspolitik an der Universität Luzern bestätigt gegenüber Nau.ch zunächst: «Die WHO-Skepsis spricht ein nicht ganz unbedeutendes Spektrum am rechten politischen Rand an.»
Beispielsweise hat der Ständerat eine SVP-Motion angenommen, wonach der Bundesrat WHO-Abkommen dem Parlament vorlegen muss.
Grundsätzlich haben es Vorlagen, die die Kompetenzen der WHO erweitern wollen, politisch schwer. Weisstanner hält fest: «Die Mitgliedsstaaten wehren sich dagegen, Kompetenzen abzugeben.»
Ein kompletter WHO-Austritt dürfte dagegen «in der breiten politischen Landschaft kaum auf Unterstützung stossen».
Die Petition habe deshalb wohl nur geringe Erfolgsaussichten. «Auch in der Bevölkerung dürfte die Forderung nach einem WHO-Austritt kaum eine Mehrheit finden», sagt Weisstanner.
Häufung von Austritten hätte für WHO grosse Folgen
Die USA seien zudem bezüglich der Weltgesundheitsorganisation ein Sonderfall, erklärt der Experte. «Die USA sind der grösste Geldgeber der WHO. Und in den USA schwelen politische Konflikte über die WHO schon seit längerem.»
So hat Trump bereits am Ende seiner ersten Amtszeit den Ausstieg verkündet – Nachfolger Joe Biden machte dies rückgängig.
Aus diesen Gründen sagt Weisstanner: «Ob es in anderen Ländern zu WHO-Austritten kommen wird, ist unklar.»
Falls es so weit kommen würde, hätte dies für die Organisation Konsequenzen. Schon durch einen dauerhaften US-Austritt würde die WHO geschwächt.
Mögliche Folgen laut Weisstanner: «Globale Gesundheitskrisen könnten weniger effektiv bekämpft werden. Der Austausch von Wissen und Daten würde eingeschränkt, was insbesondere ärmere Länder stärker gefährden könnte.»
Zuletzt hatte sich Italiens Vize-Premier Matteo Salvini für einen Austritt seines Landes ausgesprochen. Der Lega-Politiker bezeichnete die Weltgesundheitsorganisation als «supranationales Machtzentrum».
Dieses werde «von den italienischen Steuerzahlern grosszügig finanziert» und gehe «Arm in Arm mit multinationalen Pharmakonzernen».