Arbeitskräftemangel: Pro-Brexit-Politiker fordert Visa für Europäer
Das Wichtigste in Kürze
- Grossbritannien kämpft mit einem Arbeitskräftemangel und der hohen Inflation.
- Ex-Umweltminister George Eustice fordert eine Lockerung der Einwanderungspolitik.
- Der Brexit-Anhänger stellt sich somit gegen das Kernversprechen des EU-Austritts.
Ein führender britischer Brexit-Anhänger und konservativer Ex-Minister hat eine Abkehr von der restriktiven Einwanderungspolitik für EU-Bürger in Grossbritannien gefordert. Damit solle der Arbeitskräftemangel und die daraus resultierende hartnäckig hohe Inflation in dem Land bekämpft werden. Dies sagte Ex-Umweltminister George Eustice der Sonntagszeitung «Observer». Er stellte sich damit gegen das Kernversprechen der Brexit-Befürworter, den Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt für geringqualifizierte Ausländer zu erschweren.
Junge Menschen unter 35 Jahren aus EU-Staaten wie Rumänien oder Bulgarien sollten zunächst auf Grundlage bilateraler Verhandlungen zweijährige Visa erhalten. So lautet die Forderung des einstigen Kabinettsmitglieds von Ex-Premierministers Boris Johnson.
Langfristig solle das zu einem gegenseitigen «Jugend-Mobilitäts-Programm» mit der gesamten EU ausgeweitet werden.
Arbeitskräftemangel treibt Inflation in die Höhe
Die Teuerungsrate in Grossbritannien lag zuletzt bei 8,7 Prozent. Experten sehen einen Zusammenhang zum Arbeitskräftemangel, weil der zu einer geringeren Produktion und damit einem sinkenden Angebot führt. Bei gleichbleibender Nachfrage kommt es zu höheren Preisen.
Verantwortlich für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten sei aber nicht der EU-Austritt selbst, sondern das neue Einwanderungssystem des Landes, sagte Eustice. Dieses sei nicht auf die Bedürfnisse der Wirtschaft abgestimmt.
«Wir lassen Leute ins Land, die als qualifiziert gelten wie Anwälte, Insolvenzverwalter, sogar Disk Jockeys, obwohl wir keinerlei Mangel haben». Er fügte hinzu: «Aber wir lassen keine Leute hierher zum Arbeiten in Bereichen wie der Lebensmittelindustrie, obwohl es dort akuten Arbeitskräftemangel gibt.»
Ein Hauptargument der Brexit-Befürworter für den 2020 vollzogenen EU-Austritt war, «die Kontrolle über unsere Grenzen» zurückzuerlangen. Die bis dahin geltende Arbeitnehmerfreizügigkeit für EU-Bürger wurde daher abgeschafft.