Darum ist die AfD die Siegerin des Thüringen-Knalls
Die Wahl eines FDP-Mannes durch Hilfe der AfD sorgt für einen politischen Mega-Knall in Deutschland. Doch jubeln kann am Ende wohl primär die AfD selbst.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein FDP-Kandidat wurde dank AfD-Hilfe zum Ministerpräsidenten von Thüringen gewählt.
- Ganz Deutschland ist empört: Kanzlerin Angela Merkel fordert die Annullierung.
- Der deutsche Uniprofessor Christian Hoffmann erklärt den Hintergrund.
Geht es um die AfD, knallts. An sich nichts Neues. Doch der Fall in Thüringen nimmt neue Ausmasse an. Die rechtspopulistische Partei verhilft einem FDP-Mann zum Erfolg.
Tausende demonstrieren, die Polit-Elite – darunter Kanzlerin Angela Merkel – drängen ihn zum Rücktritt, dieser folgt knapp 24 Stunden nach der Wahl. Doch nicht nur der betroffene Thomas Kemmerich zieht sich zurück, auch FDP-Chef Lindner stellt für sich am Freitag der Vertrauensfrage.
Für Professor Christian Hoffmann zeigt das Polit-Beben, «dass die AfD im deutschen Parteienspektrum keine Partei wie jede andere ist». Und doch steht sie schlussendlich als Gewinnerin da.
Rechtspopulisten waren noch nie näher an der Regierungsmacht
Hoffmann ist Professor für Kommunikationsmanagement an der Uni Leipzig und zieht Fazit. Der Vorgang zeige: «Eine Zusammenarbeit mit der AfD wird auf Landes- und Bundesebene auf absehbare Zeit politisch nicht möglich sein.»
Ob der Knall die politische Karriere Kemmerichs zerstöre, werde sich zeigen. «Auf den ersten Blick hat Kemmerich sicher einen Rufschaden erlitten, andererseits hat er enorm an Bekanntheit gewonnen.»
Klar sei: «Die AfD kann die Wahl Kemmerichs wohl als Erfolg verbuchen. So nah wie bei dieser Abstimmung war sie noch nie an der Regierungsmacht.» Doch warum sorgt die Alternative für Deutschland für derart gehässige Reaktionen?
Die Distanz zur AfD wird eine zunehmende Herausforderung
Mit der AfD etabliert sich in Deutschland seit langer Zeit erstmals wieder eine Partei rechts von CDU/CSU. «Das war aufgrund der deutschen Geschichte über viele Jahre ein politisches Tabu», so Hoffmann.
Unter Angela Merkel habe die CDU viele konservative Positionen aufgegeben, «sodass auf der Rechten Platz für eine neue Partei entstand». In der noch jungen AfD versammeln sich Nationalliberale und -konservative, wie auch Rechtsextreme- und radikale. «Daher schliessen die etablierten Parteien bisher eine Zusammenarbeit mit der Partei aus.»
Und doch wurde FDP-Mann Kemmerich auf demokratischem Wege gewählt. Wirkt der Eklat nicht gar wie ein Verbot für die Partei? Hoffmann winkt ab: «Kemmerich hatte keine Mehrheit im Parlament, so kann eine Regierung nicht arbeiten. Keine Partei ist ja gezwungen, die FDP im Landtag zu unterstützen.»
Trotzdem stelle die Wahl einen Tabu-Bruch dar. Spannend sei nun, wie konsequent CDU und FDP die Distanz zur rechtspopulistischen Partei halten können. «Gerade in Ostdeutschland ist dies nicht immer ganz leicht.»
Denn AfD, CDU und FDP haben an manchen Orten gemeinsam eine Mehrheit. «Nicht alle Mandatsträger sind begeistert, wenn sie statt mit der AfD mit linken Parteien kooperieren müssen.» Diese Diskussion habe es vor Thüringen auch schon in Sachsen gegeben. Und wird wohl auch nicht die letzte sein.