Am zehnten Wochenende der Demokratiebewegung in Hongkong haben die Demonstranten neue Protestformen erprobt: Tausende Aktivisten veranstalteten am Wochenende so genannte «Hit-and-Run»-Demonstrationen, bei denen sie sich umgehend in kleine Gruppen auflösten, wenn die Polizei ihnen entgegentrat - um sich andernorts wieder zusammenzufinden.
Demonstranten blockieren Cross-Harbour-Tunnel
Demonstranten blockieren Cross-Harbour-Tunnel - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • China kritisiert britische «Einmischung» in Ex-Kronkolonie.
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Gelegentlich setzte die Polizei dennoch Tränengas ein. 16 Demonstranten wurden festgenommen. Am Samstag hatte es bereits eine ausdrücklich auf Familien zugeschnittene, genehmigte Demonstration gegeben.

Zahlreiche Demonstranten befolgten den Aufruf, sie sollten sich «wie Wasser» verhalten und direkten Konfrontationen mit der Polizei aus dem Weg gehen. «Es geht heute nicht darum, der Polizei die Stirn zu bieten oder eine Strasse zu besetzen», sagte der 17-jährige Lok. «Wir werden uns nicht Auge in Auge gegenüberstehen - und ihnen damit viel mehr Ärger bereiten.»

So blockierten die Demonstranten am Samstag kurzzeitig den Cross-Harbour-Tunnel und versammelten sich im Einkaufsbezirk Tsim Sha Tsui, bis die Polizei auch dort Tränengas einsetzte.

Auch am Sonntag waren wieder tausende Demonstranten unterwegs. Sie missachteten unter anderem ein Versammlungsverbot im Arbeiterviertel Sham Shui Po. «Was wir wollen, ist: Keine Verletzungen, kein Blut, nicht festgenommen werden», sagte der Jugendliche Chan. «Unsere frühere Taktik, uns an einem Platz festzusetzen, hat zu vielen Festnahmen und Verletzungen geführt.»

Am Flughafen von Hongkong wurde den dritten Tag in Folge ein Sit-in fortgesetzt, bei dem Demonstranten den Fluggästen die Beweggründe für die Proteste erläuterten.

Mit Ballons und Kinderwagen bewaffnet verliehen am Samstag hunderte Familien ihrer Unterstützung für die Demokratie-Aktivisten Ausdruck. Bei dem farbenfrohen und friedlichen Protest wurden unter anderem Flugblätter mit ABC-Lerntafeln verteilt: Darauf stand etwa «D» für Demonstration oder «P» für Protest. Die Kundgebung stand unter dem Motto «Die Zukunft unserer Kinder beschützen».

Die Proteste in der ehemaligen britischen Kronkolonie waren ursprünglich durch ein - später auf Eis gelegtes - Auslieferungsgesetz ausgelöst worden, das die Überstellung von Verdächtigen an Festland-China erlaubt hätte. Die Demonstrationen weiteten sich danach zu einer Bewegung gegen den wachsenden Einfluss Pekings in Hongkong und für mehr Demokratie aus.

Sie fordern inzwischen auch die Direktwahl für das Amt des Regierungschefs, das bislang von der Peking-treuen und laut Meinungsumfragen unbeliebten Carrie Lam ausgeübt wird.

Die Hongkonger Fluggesellschaft Cathay Pacific informierte ihr Personal darüber, dass sie sich an eine neue Anweisung aus Peking halten werde, nach der Teilnehmer der Proteste in Hongkong nicht auf Flügen Richtung Festland-China oder durch den chinesischen Luftraum eingesetzt werden dürfen. Cathay Pacific bestätigte zugleich, dass ein Pilot der Gesellschaft seit Ende Juli wegen seiner Beteiligung an den Protesten nicht mehr fliegen darf.

China warnte unterdessen Grossbritannien vor einer «Einmischung» in Hongkong. Peking verlange, «dass die britische Seite sofort alle Aktionen stoppt, die in Angelegenheiten Hongkongs hineinpfuschen und Chinas innere Angelegenheiten stören», erklärte eine Sprecherin des chinesischen Aussenministeriums am Samstag.

Peking reagierte damit auf ein Telefonat zwischen dem britischen Aussenminister Dominic Raab und Hongkongs Regierungschefin. Raab habe Lam auf die Notwendigkeit einer «vollständigen, unabhängigen Untersuchung in jüngste Ereignisse» hingewiesen, teilte das Aussenministerium in London mit. Seit Beginn der Proteste am 9. Juni wurden rund 450 Menschen festgenommen.

China hatte London bei der Übergabe Hongkongs im Jahr 1997 zugesichert, dass in der ehemals britischen Kolonie Grundrechte wie Meinungs- und Pressefreiheit für mindestens 50 Jahre gewahrt blieben. Hongkongs wiedererstarkte Oppositionsbewegung wirft der Regierung vor, die als «Ein Land, zwei Systeme» bekannte Regelung zunehmend zu unterlaufen.

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