Deutschland, Kanada und Norwegen: Gemeinsam gegen Arktis-Bedrohungen
Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius hat den Nato-Partner Kanada zu einer gemeinsamen Partnerschaft mit Norwegen für den Schutz von Infrastruktur im hohen Norden eingeladen. «Lassen Sie uns eine trilaterale strategische maritime Partnerschaft zur Sicherung von Kommunikationsverbindungen durch den nördlichen Atlantik und die Arktis begründen», sagte der SPD-Politiker am Freitag in der kanadischen Hauptstadt Ottawa bei einem Treffen mit seinem Amtskollegen Bill Blair. Die Initiative könne das Dach für gemeinsame Aktivitäten sein.
Blair sagte, die kanadische Arktis sei neuen und wachsenden Bedrohungen ausgesetzt. Das Land bemerke, dass Russland und auch China sich dort in Position bringen. «Mit dem Klimawandel wird ein grosser Teil dieser Region viel leichter zugänglich», sagte Blair. «Vielleicht konnten wir bei der Verteidigung des Kontinents früher auf das Eis vertrauen, aber der Klimawandel stellt diese Annahmen infrage», sagte er. Kanada wisse, dass man eine stärkere und dauerhaftere Präsenz in der nördlichen Region brauche.
Stärkung der Sicherheit im arktischen Norden: Kanadas neue Verteidigungspolitik
Die kanadische Regierung hatte im April neue verteidigungspolitische Richtlinien verabschiedet. Der Nato-Staat benennt darin als dringendste Aufgabe, den Schutz der eigenen Souveränität im arktischen Norden sicherzustellen, wo Russland insgesamt betrachtet die stärkste Militärpräsenz aller Staaten hat. Die Überlegungen basieren unter anderem auf der Annahme, dass es im Falle eines militärischen Konflikts mit Russland in Europa auch zu einem Kräftemessen in der strategisch wichtigen Arktis kommen werde.
Auch der Klimawandel und Herausforderungen durch autokratische Systeme – wie etwa China – sind sicherheitspolitische Herausforderungen, auf die Antworten vorbereitet werden. Kanada will sich zusätzliche Aufklärungsfähigkeiten verschaffen und zu Land und zur See besser gerüstet sein. Zuletzt war es dem Land – wie auch anderen westlichen Staaten – nicht mehr gelungen, das eigene Ziel von 71'500 Soldaten in den Streitkräften zu erreichen. Darauf soll mit neuen Rekrutierungsbemühungen und Anreizen reagiert werden.
Investitionen für Rüstung geplant
Binnen fünf Jahren sollen zudem umgerechnet 5,5 Milliarden Euro zusätzlich für Rüstung ausgegeben werden, über 20 Jahre betrachtet zusätzlich knapp 50 Milliarden.
Pistorius war aus Washington angereist, wo er am Vortag versichert hatte, dass Deutschland zu einer sicherheitspolitischen Führungsrolle in Europa bereit ist und die militärischen Fähigkeiten dafür bereitstellen wird. «Lassen Sie uns – die USA und Deutschland zusammen – die Zukunft gestalten zusammen mit all denen, die für Freiheit, Frieden und die regelbasierte internationale Ordnung stehen», sagte er in einer Grundsatzrede an der renommierten Johns-Hopkins-Universität. Vorher hatte er US-Verteidigungsminister Lloyd Austin im Pentagon gesprochen.
Den Europäern sei bewusst, dass die USA ihre Aufmerksamkeit auf den Indopazifik richteten und auf Chinas Aufrüstung, aggressive Wirtschaftspolitik und Streben nach geopolitischer Dominanz reagieren müssten. Deutschland sei entschlossen, auch da einen Beitrag zur regelbasierten Ordnung zu leisten. «Ich bin überzeugt, dass nur Amerika und Europa zusammen den Westen stark erhalten und gegen Russlands expansionistische Ambitionen und den Hunger anderer Akteure nach Macht und Vorherrschaft verteidigen können», sagte Pistorius.
Kanada unterstützt deutsche Initiative
Kanada sagte am Freitag zu, sich mit umgerechnet 51,5 Millionen Euro an der deutschen Initiative für eine verstärkte Luftverteidigung der Ukraine gegen russische Angriffe zu beteiligen. Deutschland wirbt in den Reihen der Verbündeten für ein verstärktes Engagement, hat aber – zumal aus Europa – bisher nur Zusagen bekommen, die man gemessen am Bedarf der Ukrainer als gering bezeichnen kann.