Erdogan verzichtet bei Deutschlandbesuch auf grosse Rede
Ein grosser öffentlicher Auftritt des türkischen Präsidenten während seines Staatsbesuchs könnte die Situation zusätzlich anheizen.
Das Wichtigste in Kürze
- Erdogan verzichtet bei seinen Besuch in Deutschland wahrscheinlich auf eine grosse Rede.
- Deutschland und die Türkei bemühen sich um eine Normalisierung ihrer Beziehungen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verzichtet bei seinem ersten Staatsbesuch in Deutschland voraussichtlich auf einen Auftritt vor Tausenden Deutschtürken. «Eine grosse Rede in einer Halle ist nicht geplant», sagte der Sprecher der türkischen Botschaft in Berlin, Refik Sogukoglu, der Deutschen Presse-Agentur. Es sei allenfalls möglich, das Erdogan bei der Eröffnung einer Moschee der Türkisch-Islamischen Union Ditib in Köln am 29. September eine kurze Ansprache halte.
Auch zu einer ursprünglich angedachten gemeinsamen Begegnung von Erdogan und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit türkischstämmigen Bürgern wird es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht kommen. Aus der Umgebung Steinmeiers hiess es, auf der Seite des Präsidialamts gebe es keine solchen Planungen. Die türkische Seite hatte sich eine solche gemeinsame Veranstaltung gewünscht.
Über eine Rede Erdogans während des Deutschlandbesuchs wird seit Wochen spekuliert. Der Sprecher und Berater des Präsidenten, Ibrahim Kalin, hatte noch vor zwei Wochen nach Gesprächen zur Vorbereitung der Visite in Berlin erklärt, dass man nach einem Veranstaltungsort dafür suche. Man wolle aber eine einvernehmliche Lösung mit der deutschen Seite finden.
Bemühungen zur Normalisierung
Deutschland und die Türkei bemühen sich seit einigen Monaten um eine Normalisierung ihrer Beziehungen, die nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei vor zwei Jahren unter anderem wegen der Verhaftung deutscher Staatsbürger aus politischen Gründen auf einen Tiefpunkt abgesackt waren. Der Erdogan-Besuch soll zu dieser Normalisierung beitragen.
Erdogan hat Deutschland in den vergangenen 15 Jahren mehr als ein Dutzend Mal als Ministerpräsident und Präsident besucht. Nun steht vom 27. bis 29. September der erste Staatsbesuch auf Einladung Steinmeiers an. Dazu gehören anders als bei Arbeitsbesuchen ein Empfang mit militärischen Ehren und ein Staatsbankett.
Politiker von Linken, Grünen und AfD kritisieren, dass der rote Teppich für Erdogan in Berlin ausgerollt wird. Gegner des Besuchs wollen am 28. September im Zentrum Berlins demonstrieren. Es werden 10 000 Teilnehmer erwartet.
Erdogan war bei früheren Deutschlandbesuchen als Ministerpräsident oder Präsident mehrfach vor Landsleuten aufgetreten. Zuletzt redete er 2014 vor 15 000 Menschen in Köln und 2015 vor 14 000 Zuschauern in Karlsruhe. In Deutschland leben mehr als drei Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln.