Bundesinnenministerium: Daten bei Polizei nicht grundsätzlich vor Missbrauch sicher
Die Daten von Bürgern auf Polizeicomputern sind nicht grundsätzlich vor missbräuchlichem Zugriff durch Polizisten geschützt.
Das Wichtigste in Kürze
- Esken fordert entschlosseneres Vorgehen gegen Rechtsextremismus bei Polizei.
«Polizistinnen und Polizisten haben Zugriff auf diese Daten in dem Vertrauen darauf, dass sie das nur zu den gesetzlich bestimmten Zwecken tun», sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Mittwoch. «Man kann nicht hundertprozentig die Aussage treffen, dass es niemals zu einem Missbrauch kommen kann.» SPD-Chefin Saskia Esken forderte ein entschlosseneres Vorgehen gegen Rechtsextremismus bei der Polizei.
Regierungssprecher Steffen Seibert mahnte eine vollständige Aufklärung an. «Daraus müssen auch die notwendigen Lehren gezogen werden», sagte er in Berlin. Seibert sprach von «schwer wiegenden Fällen von Bedrohungen». Für die Bundesregierung fügte er hinzu: «Die drei betroffenen Personen - Frau Basay-Yildiz, Frau Wissler, Frau Baydar - haben unsere ganze Solidarität in dieser für sie schwierigen Situation.»
Der Sprecher des Bundesinnenministeriums sprach von einem «völlig inakzeptablen» Vorgang. «Wenn sich die Vorgänge bestätigen, ist das auf jeden Fall ein schwerer Imageschaden für die Polizei.» Wenn ein solcher Datenmissbrauch «aus einer politischen Gesinnung heraus stattfindet, ist es noch schlimmer, als wenn es sozusagen nur datenschutzrechtliche Aspekte sind». Der Sprecher betonte, dass jeder Abruf von Personendaten protokolliert werde und dabei auch die Zweckbestimmung angegeben werden müsse.
In den vergangenen Monaten hätten sich die Hinweise auf «rechtsextreme und gewaltbereite Täter und Netzwerke in den Reihen der Sicherheitsbehörden» gehäuft, sagte die SPD-Vorsitzende Esken den Funke-Zeitungen vom Mittwoch. Für die Politik müsse dies «ein Alarmzeichen sein, jetzt endlich konsequent zu handeln». Die Verdachtsfälle bei der hessischen Polizei müssten auch den politisch Verantwortlichen deutlich machen, «dass es sich hier nicht um bedauerliche Einzelfälle handelt», betonte Esken.
In den vergangenen Wochen wurden Drohschreiben an sechs prominente Frauen bekannt, deren nicht-öffentliche Daten zuvor aus Polizeicomputern abgerufen worden sein sollen. Alle haben rechtsextremistische Drohmails mit der Unterzeichnung «NSU 2.0» erhalten. Betroffen davon sind die Anwältin Seda Basay-Yildiz, die hessische Linken-Fraktionschefin Janine Wissler, die Kabarettistin Idil Baydar sowie die Linken-Fraktionschefin im Berliner Abgeordnetenhaus Anne Helm und die beiden Linken-Bundestagsabgeordneten Martina Renner und Helin Evrim Sommer.
Wegen der Affäre um rechtsextreme Drohschreiben war der hessische Landespolizeipräsident Udo Münch am Dienstag zurückgetreten. Er hatte Informationen zur unerlaubten Abfrage von persönlichen Daten aus Polizeicomputern nicht weitergegeben, wie Landesinnenminister Peter Beuth (CDU) sagte.
Die Kritik an Beuth wurde derweil lauter. «Wenn ich mir ansehe, wie der Innenminister in Hessen aktuell agiert, dann scheint auf staatlicher Seite die Methode des Deckelns und Kleinredens noch nicht wirklich verschwunden zu sein», sagte Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau der Zeitung «Welt». Der hessische Linken-Politiker Hermann Schaus sagte am Mittwoch im Deutschlandfunk, Beuth sei mit der Aufgabe «völlig überfordert». Der Landesinnenminister sei «Teil des Problems».
Landespolizeipräsident Münch sei nur ein «Bauernopfer», sagte der parlamentarische Geschäftsführer der hessischen SPD, Günter Rudolph, am Mittwoch dem Südwestrundfunk. Er habe Zweifel, dass der Rücktritt alle Probleme löse.