Der Europarat hat von Deutschland strengere Regeln gegen politische Einflussnahme durch Unternehmen und andere Interessensgruppen gefordert.
Haushaltsausschuss
Der Haushaltsausschuss im Bundestag wird den Etat am Donnerstag nicht abschliessend beraten. (Symbolbild) - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Anti-Korruptionsexperten: Mehr Transparenz und Regeln gegen Interessenskonflikte.
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Das Unbehagen in Deutschland wegen eines «Mangels an Transparenz bei äusseren Einflüssen auf die Agenda der Bundesregierung» sei in den letzten Jahren stark gewachsen, erklärte das Anti-Korruptionsgremium Greco am Dienstag. Berlin sollte darauf mit strengeren Vorgaben für die eigenen Politiker reagieren.

Ein zentraler Kritikpunkt der Greco-Experten ist die häufige Praxis der Lobbyarbeit von Menschen, «die früher oberste Exekutivfunktionen in der Regierung innehatten». Es solle daher erwogen werden, die Dauer der derzeitigen «Abkühlungsphase» für Bundesminister und parlamentarische Staatssekretäre zu verlängern, bevor sie einen Job in der Privatwirtschaft annehmen. Auch für Inhaber niedrigerer Posten solle es hier strengere Vorgaben geben.

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Dirk Wiese unterstützte diesen Vorschlag und warf der Union vor, das Vorhaben zu verhindern. «Seit Monaten blockiert die Union schärfere Transparenzregeln für Bundestag und Bundesregierung durch die Einführung eines wirksamen verbindlichen Lobbyregisters inklusive exekutiver Fussspur», sagte Wiese der Nachrichtenagentur AFP. Die SPD werde sich weiter intensiv für die Einführung eines solchen einsetzen.

Den Greco-Experten zufolge muss zudem sichergestellt werden, «dass ausreichende Informationen über Interaktionen von Menschen mit Top-Exekutivfunktionen mit Lobbyisten und anderen Dritten» publik gemacht werden. Der Greco-Bericht erkennt Bemühungen der Bundesregierung an, die seit 2018 die Veröffentlichtung von Lobby-Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen vorschreibt. Dies sollte aber auch externe Beiträge betreffen, «die vor dem formellen Beginn des Konsultationsprozesses eingegangen sind».

Auch bemängelt Greco, dass Menschen in höchsten Ämtern der Exekutive in Deutschland nicht verpflichtet werden, ihre finanziellen Interessen offenzulegen, um Interessenskonflikte zu vermeiden.

«Wir wollen ein Lobbyregister mit weniger Ausnahmen und mehr finanzieller Transparenz», sagte der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, zu AFP. Die Grosse Koalition zögere ein solches jedoch hinaus, kritisierte Buschmann. «Jeder weiss, wenn es bis April 2021 nicht unter Dach und Fach ist, wird es nicht kommen, weil der Bundestagswahlkampf dann jede Kompromisssuche unmöglich macht.» Auch brauche es eine Meldepflicht für Aktienoptionen als Gegenleistung für Nebentätigkeiten von Parlamentariern.

Deutliche Kritik übt der Greco-Bericht am gesetzlichen Rahmen für den Zugang zu Regierungsinformationen, dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Die darin festgelegten «breiten Gründe», um Informationsanfragen an Behörden abzulehnen, «und deren umfängliche Nutzung in der Praxis» seien «problematisch», erklärte Greco. Das gelte auch für die darin vorgesehenen Gebühren von bis zu 500 Euro für Informationsauskünfte.

Der Greco-Bericht befasste sich neben Korruptionsrisiken im Umfeld der Bundesregierung auch mit der Situation bei den Sicherheitsbehörden. Hier fällten die Experten ein grundsätzlich positives Urteil. Das Vertrauen in die deutsche Polizei sei sehr hoch und Korruption von Beamten im Vergleich zu anderen europäischen Staaten ein kleineres Problem.

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