Ex-Europaabgeordnete Kallas soll neue Regierung in Estland bilden
Gut einen Monat nach der Parlamentswahl in Estland hat Präsidentin Kersti Kaljulaid die frühere Europaabgeordnete Kaja Kallas mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt.
Das Wichtigste in Kürze
- Chefin von liberaler Reformpartei will mit Sozialdemokraten verhandeln.
Sie habe die Chefin der liberalen Reformpartei am Freitag mit der Regierungsbildung beauftragt, teilte die Präsidentin in der Hauptstadt Tallinn mit. Kallas sagte, sie wolle eine «positive, würdevolle und offene» Politik machen, «ohne jemanden zu erniedrigen oder zu bedrohen.»
Sollte es Kallas gelingen, im Parlament eine Mehrheit für eine Regierung zu finden, wäre sie die erste Frau an der Regierungsspitze des baltischen EU- und Nato-Mitglieds. Die Regierungsbildung dürfte aber schwierig werden: Die Zentrumspartei des bisherigen Ministerpräsidenten Juri Ratas, die bei der Wahl auf dem zweiten Platz gelandet war, hat schon ein Koalitionsangebot von Kallas zurückgewiesen.
Danach war es Ratas offenbar gelungen, eine umstrittene Koalitionsvereinbarung mit der rechtspopulistischen Ekre-Partei und der konservativen Isamaa-Partei zu schliessen. Präsidentin Kaljulaid, die Bedenken gegen eine Regierungsbeteiligung der EU-skeptischen Ekre hat, gab den Auftrag zur Regierungsbildung nun aber zunächst an Kallas. Kallas hat Gespräche mit Ekre ausgeschlossen.
Die Wahl am 3. März hatte die Reformpartei mit knapp 29 Prozent der Stimmen gewonnen. Die Zentrumspartei kam mit gut 23 Prozent auf Platz zwei und die Ekre mit knapp 18 Prozent auf Platz drei. Ekre-Parteichef Mart Helme hat mit Unruhen gedroht, sollte die Koalition mit der Zentrumspartei und Isamaa scheitern.
Bei der ersten Sitzung des neugewählten Parlaments am Donnerstag hatte es für Ratas und Helme noch gut ausgesehen: Der Ekre-Abgeordnete Henn Polluaas wurde von 55 der 101 Abgeordneten zum Parlamentspräsidenten gewählt.
Kallas hat nun zwei Wochen Zeit, um eine Regierung zu bilden. Wenn ihr dies nicht gelingt, muss die Präsidentin einen anderen Kandidaten benennen. Kallas sagte am Freitag, sie habe die Sozialdemokraten zu Koalitionsgesprächen eingeladen. Zusammen verfügen beide Parteien aber nur über 44 der 101 Mandate.