Giorgia Meloni polarisiert auch Schweizer Politik
Die rechte Allianz um Giorgia Meloni sichert sich am Sonntag die Parlamentsmehrheit in Italien – die Schweizer Reaktionen auf den Wahlsieg sind gespalten.
Das Wichtigste in Kürze
- In Italien ist das Mitte-Rechts-Bündnis die klare Siegerin der Wahlen am Sonntag.
- Damit wird Rechtspolitikerin Giorgia Meloni die erste Ministerpräsidentin Italiens.
- Auch in der Schweiz klaffen die Reaktionen auf den Wahlsieg weit auseinander.
Mit dem Sieg des Mitte-Rechts-Bündnisses kommt es in Italien zu einem deutlichen Rechtsruck. Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg wird das Land von einer rechtsnationalen Partei angeführt werden.
Molina: «Faschistin» wird Macht nicht konzentrieren können
Die Reaktionen in der Schweiz auf den Wahlsieg der rechtsnationalen Fratelli d'Italia gehen weit auseinander. Gegenüber Nau.ch betont Nationalrat Fabian Molina (SP/ZH), dass er Vertrauen in die demokratischen Institutionen Italiens habe.
Er geht davon aus, dass diese eine Machtkonzentration auf die «Faschistin Meloni» verhindern werden. Einerseits müssten die guten Beziehungen zu unserem Nachbarland weiterhin gepflegt werden. Andererseits streicht Molina hervor: Es müsse kritisiert werden, wenn «demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien oder Menschenrechte missachtet werden.»
Vormarsch von Extrempositionen ist «besorgniserregend»
Besorgt ist Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (Mitte/BL). Der europaweite Vormarsch von Rechts- und Linkspopulisten konnte auch in Italien nicht gestoppt werden. Seit dem Zusammenbruch der stabilisierenden Mittepartei Democrazia Cristiana hätten nur Protestbewegungen Wahlen gewinnen können.
«In Italien fehlt eine starke Mitte, welche das Land zusammenhält und Lösungen präsentiert.» Schneider-Schneiter verortet auch die Fratelli d'Italia unter Giorgia Meloni in dieser Strömung der «Klientelpolitik». Lösungen für die strukturellen Probleme Italiens seien damit aber noch keine gefunden.
Folglich werde sich die italienische Regierung in absehbarer Zukunft auch vorwiegend mit innenpolitischen Problemen beschäftigen. Fortschritte beim EU-Dossier würden vorläufig ohne Italien erzielt werden müssen. Ähnliches gelte auch für die Gespräche über die Herausforderungen der Grenzgänger oder der Steuerpolitik.
«Geschichtsblinde Verteufelung» untergräbt die Demokratie
Nationalrat Roger Köppel (SVP/ZH) wiederum ist anderer Meinung. In seinem Videoblog «Weltwoche Daily» betont er: Es sei leichtfertig und «geschichtsblind», die Fratelli d'Italia und Giorgia Meloni als Rechtsradikale zu «verteufeln». Köppel kritisiert die «aggressiven und allergischen Reaktionen» aus der EU.
Denn in Brüssel und anderen europäischen Hauptstädten ist die Sorge über den Wahlsieg gross: Die Vize-Präsidentin des EU-Parlaments, Katharina Barley (SPD), spricht von einer «Gefahr für das konstruktive Miteinander in Europa». Ähnliche Töne stimmte auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an – ihrerseits schon vor der Wahl: Sie hatte der potenziellen Regierung bereits am Freitag mit den Sanktionsinstrumenten der EU gedroht.
Diese «Intervention» von der Leyens war für den Weltwoche-Chefredaktor denn auch besonders verwerflich. Es schicke sich nicht, dass sich eine Funktionärin mit «weniger demokratischer Legitimation als Wladimir Putin» als «Gralshüterin der Demokratie» aufspiele.