Höcke Prozess: Klage sei nichtig
Der AfD-Politiker Björn Höcke, der wegen Verwendung einer Nazi-Parole angeklagt ist, meine, seine Klage gegen ihn sei nichtig.
Das Wichtigste in Kürze
- AfD-Politiker Björn Höcke steht vor Gericht.
- Der Grund ist eine Nazi-Wahlparole, die er verwendet hat.
- Der Politiker beteuert jedoch seine Unschuld.
- Er meint, es handelt sich um einen «Allerweltsspruch», dem jeden über die Lippen kommt.
Die Verwendung der Losung «Alles für Deutschland» in der Bundesrepublik ist gesetzlich untersagt. Denn sie wurde einst für die Wahlparole der «Sturmabteilung» (SA) verwendet, der paramilitärischen Kampforganisation der NSDAP.
Im Mai 2021 beendete der Thüringer AfD-Vorsitzende Höcke seine Rede mit dieser Formel. Daraufhin erhielt er eine Anzeige vom damaligen sachsen-anhaltischen Grünen-Chef, der den Sachverhalt zur Klage brachte.
Sollte Höcke verurteilt werden, drohen ihm sowohl eine Geldstrafe als auch eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Es besteht sogar die theoretische Möglichkeit, dass das Gericht das passive Wahlrecht des 52-Jährigen aussetzt. In diesem Fall könnte der designierte AfD-Spitzenkandidat bei den bevorstehenden Landtagswahlen in Thüringen nicht antreten.
Björn Höcke klärt im «Weltwoche-Interview» auf
Eigentlich wurde erwartet, dass sich der AfD-Mann am Donnerstag zu den Vorwürfen äussern würde – doch Björn Höcke blieb stumm. In der Vergangenheit hatte er zu seiner Verteidigung allerdings bereits Unwissenheit ins Feld geführt: Björn Höcke verspricht, er habe nicht gewusst, dass die Sturmabteilung diese Parole verwendet hatte.
Gesprächiger zeigt sich der AfD-Provokateur im Interview mit «Weltwoche»-Chef Roger Köppel: «Eigentlich ist gar kein Problem vorhanden. Das Ganze ist ein Nullum und hätte niemals zu einem Prozess führen dürfen!»
Er habe während einer Wahlkampfveranstaltung in Sachsen-Anhalt seine frei gehaltene Ansprache mit einem rhetorischen Dreiklang beendet, betont Höcke. In Thüringen verwende er normalerweise einen anderen Dreiklang: «Es lebe unsere Heimat Thüringen, es lebe unser deutsches Vaterland, es lebe das wahre Europa!»
Weil das Wahlkampfmotto seiner sachsen-anhaltischen Parteifreunde «Alles für unsere Heimat» lautete, habe er seinen Dreiklang spontan angepasst, erklärt Höcke. Unter dem Strich handle es sich lediglich um eine deutsche Fassung der Wahlparole von Donald Trump – «America First».
Politiker wittert einen politischen Prozess
Der AfD-Politiker ist überzeugt: «Das ist ein Allerweltsspruch, der mit Nazis nichts zu tun hat. Jeder Patriot, dem so etwas nicht schon mal über die Lippen gekommen ist, hat wahrscheinlich kein patriotisches Herz», schmunzelt Höcke. Der Thüringer ist überzeugt, dass er es hier mit einem politischen Prozess zu tun habe. «Gegen einen führenden Kopf der Opposition – um ihn Kraft, Geld und Zeit zu kosten.»
Der Thüringer erklärt, dass er diesem Spruch als SA-Losung während seiner Ausbildung zum Sport- und Geschichtslehrer nie begegnet sei: «Ich habe mich in meinem Studium nicht schwerpunktmässig mit dem 20. Jahrhundert beschäftigt – schon gar nicht mit dem NS-Staat.»
Soll keine bewusste Provokation gewesen sein
Auch von einer bewussten Provokation will Höcke nichts wissen: «Das ist absurd – was wäre das für eine Zielsetzung? Mitten im Wahlkampf einen sogenannten Nazi-Skandal zu provozieren», beteuert Höcke. Dass er den Spruch im Dezember 2023 indirekt erneut verwendet hatte, bleibt im «Weltwoche»-Interview aber unerwähnt. An einer Parteiveranstaltung in Gera hatte Höcke lediglich «Alles für…» in die Menge gerufen – die ihrerseits postwendend «…Deutschland» anfügt.
Mittlerweile scheint sich Höcke ausserdem eingehend über den Spruch informiert zu haben, wie aus dem Interview hervorgeht: «Diese Losung war auch schon Anfang des 19. Jahrhunderts benutzt worden. Beispielsweise von Ernst Moritz Arndt oder von Ludwig dem II. von Bayern.»
Entsprechend werde die Staatsanwaltschaft grosse Mühe damit haben, ihm Vorsatz nachzuweisen, erklärt Höcke. «Kann man wirklich erwarten, dass ein Mensch dreissig Jahre später alles auswendig weiss, was er vielleicht mal irgendwo gehört hat?»
Überdies gelte es, darauf hinzuweisen, dass die Nationalsozialisten nicht alles gepachtet haben, was irgendwie patriotisch sei: «Hitler war bekanntermassen ein Vegetarier – soll jetzt Vegetarismus verboten werden? Die Absurdität muss irgendwann auch mal enden. Und vielleicht endet sie in Deutschland ja mit diesem Prozess», so Höcke.