Hongkong setzt Auslieferungsabkommen mit Deutschland und Frankreich aus
Im Streit um die Autonomierechte Hongkongs hat die chinesische Sonderverwaltungszone ihre Auslieferungsabkommen mit Deutschland und Frankreich ausgesetzt.
Das Wichtigste in Kürze
- Berlin und Paris «Politisierung» der juristischen Zusammenarbeit vorgeworfen.
Die beiden Länder hätten «die juristische Zusammenarbeit politisiert» und damit die Grundlage der Kooperation in diesem Bereich beschädigt, teilte die Hongkonger Regierung am Mittwoch mit. Wegen des umstrittenen Sicherheitsgesetzes für Hongkong hatten die beiden EU-Staaten zuvor ihrerseits ihre Auslieferungsabkommen auf Eis gelegt.
Berlin hatte Ende Juli mitgeteilt, als Reaktion auf die Verschiebung der Parlamentswahl in Hongkong Auslieferungen in die chinesische Sonderverwaltungszone auszusetzen. Die Entscheidung der Hongkonger Regierung, ein Dutzend Oppositionskandidaten für die Wahl zu disqualifizieren und die Wahl zu verschieben, sei «ein weiterer Einschnitt in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger Hongkongs», hatte Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) die Entscheidung begründet. Am Tag zuvor war einem Dutzend prominenter Aktivisten die Kandidatur bei der Wahl zum Regionalparlament verboten worden, unter ihnen ist auch der international bekannte Joshua Wong.
Nach der Entscheidung Berlins zog auch Paris nach und kündigte wenige Tage später an, «im Lichte der jüngsten Entwicklungen» ein mit der Sonderverwaltungszone 2017 vereinbartes Auslieferungsabkommen nicht zu ratifizieren.
Das sogenannte Sicherheitsgesetz schränkt die Autonomierechte Hongkongs massiv ein. Seit seinem Inkrafttreten Ende Juni gehen die Behörden dort mit grosser Härte gegen die Demokratiebewegung in der chinesischen Sonderverwaltungszone vor. Auch Länder wie Grossbritannien, Kanada und Australien haben Auslieferungen nach Hongkong deshalb eingestellt.
Erst am Montag wurde aufgrund des umstrittenen Gesetzes der oppositionelle Medienunternehmer Jimmy Lai zwischenzeitlich festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, geheime Absprachen mit «ausländischen Mächten» getroffen zu haben. Nach seiner Freilassung gegen Kaution rief er die Belegschaft seiner Peking-kritischen Zeitung «Apple Daily» am Mittwoch zum Weitermachen auf. «Kämpft weiter! Lasst uns weiterkämpfen», sagte der 71-Jährige.
In seiner Ansprache forderte Lai die Mitarbeiter der Zeitung auf, die Berichterstattung über die Ereignisse in Hongkong unverblümt fortzusetzen - auch wenn dies die Wut der Regierung in Peking provoziere. Die Festnahme von Lai und anderer Oppositioneller wurde international scharf kritisiert.
Nach dem neuen Sicherheitsgesetz können Aktivitäten, die von den Behörden als subversiv, separatistisch, terroristisch oder als Verschwörung mit ausländischen Kräften eingestuft werden, mit lebenslangen Haftstrafen geahndet werden. Bestraft wird unter anderem das Propagieren der Unabhängigkeit Hongkongs. Dafür reicht es, im Besitz entsprechender Flaggen, Aufkleber oder Flugblätter zu sein. In bestimmten Fällen können Beschuldigte auch der Justiz in Festlandchina übergeben werden.
Das Gesetz ist damit der bislang schwerste Eingriff in den Autonomiestatus Hongkongs. Der früheren britischen Kronkolonie waren bei ihrer Übergabe an China 1997 eigentlich für 50 Jahre Sonderrechte gewährt worden, darunter Meinungs- und Versammlungsfreiheit.