Kampf um Bundesparteivorsitz sorgt für Zoff in der NRW-SPD
Der Wettbewerb um den künftigen Bundesparteivorsitz sorgt für Ärger in der nordrhein-westfälischen SPD.
Das Wichtigste in Kürze
- Landgericht Berlin könnte Neubesetzung des Spitzenposten stoppen.
Der Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach aus NRW, der gemeinsam mit Nina Scheer kandidiert, forderte den Landesverband auf, neutral zu bleiben und keine der Bewerbungen zu unterstützen. Mit dem Verfahren zur Bestimmung des oder der neuen SPD-Vorsitzenden muss sich nun auch das Berliner Landgericht befassen.
Lauterbach sagte dem «Kölner Stadt-Anzeiger» vom Donnerstag, ein Votum des NRW-Landesvorstands «erweckt den Eindruck einer Sonderkandidatur». Hintergrund ist die am Mittwoch bekannt gewordene Bewerbung des früheren NRW-Finanzministers Norbert Walter-Borjans mit der Bundestagsabgeordneten Saskia Esken. Walter-Borjans hatte erklärt, er wolle nur antreten, wenn der Landesparteivorstand dies unterstütze.
Das Gremium tagt am Freitagabend. Dem Zeitungsbericht zufolge wurden die Bewerber aus Nordrhein-Westfalen kurzfristig eingeladen, sich dort zu präsentieren. Neben Lauterbach und Walter-Borjans kandidiert aus dem Landesverband noch Christina Kampmann gemeinsam mit Michael Roth.
Am Sonntagabend endet die Bewerbungsfrist für den SPD-Bundesvorsitz. Antreten kann nur, wer die Unterstützung von fünf Unterbezirken oder einem Bezirks- oder einem Landesverband hat.
Lauterbach und Scheer sind bereits offiziell nominiert, ebenso wie Kampmann und Roth. Der NRW-Landesvorstand könne durch den Verzicht auf ein Votum «dem Eindruck entgegen wirken, dass es sich bei der Vorstellung um ein abgekartetes Spiel» handele, sagte Lauterbach. «Diese Art von innerparteilicher Demokratie steht nicht für einen Aufbruch.»
Seine Ko-Kandidatin Scheer verwies im Gespräch mit der Zeitung auf den Landesverband Schleswig-Holstein. Dieser hatte angesichts mehrerer Bewerber aus dem Landesverband darauf verzichtet, eine Kandidatur für den Bundesparteivorsitz zu unterstützen.
Im September und Oktober stimmen die SPD-Mitglieder über die Bewerber ab. Die Partei rechnet damit, dass das Verfahren rund 1,2 Millionen Euro kostet - im wahrscheinlichen Falle einer Stichwahl noch mehr. Einem Bericht der «Saarbrücker Zeitung» zufolge forderte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil die Mitglieder auf, die «neue Form der Beteiligung» mit einer Spende zu unterstützen.
Womöglich wird der ganze Prozess aber noch gestoppt. Beim Landgericht Berlin ging ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen das Verfahren ein, wie ein Justizsprecher am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP sagte. Einzelheiten nannte er nicht.
Der SPD-Parteivorstand hatte im Juni das Verfahren zur Suche einer neuen Parteispitze festgelegt. Das Gremium wünschte sich ausdrücklich Bewerbungen von Zweierteams - doch bisher sehen die Parteistatuten nur eine oder einen Vorsitzenden vor. Über die nötige Änderung stimmt der Parteitag Anfang Dezember ab, der zugleich den oder die Sieger bei der Mitgliederbefragung formal wählen soll.
Um in der Befragung aufzutauchen, müssen Bewerber die Unterstützung von fünf Unterbezirken oder einem Bezirks- oder Landesverband nachweisen. Laut den Parteistatuten genügt allerdings für eine Kandidatur zum Bundesvorsitzenden die Unterstützung von drei Ortsvereinen.
Mehrere Bewerberduos meldeten sich am Donnerstag mit neuen Vorschlägen zu Wort. Hilde Mattheis und Dierk Hirschel forderten, dass die Arbeitsgemeinschaften in der Partei, zu denen etwa die sozialdemokratischen Frauen und die SPD-Senioren gehören, mit ihren jeweiligen Bundesvorsitzenden «mit vollem Antrags-, Rede- und Stimmrecht» im Vorstand vertreten sein sollen. Boris Pistorius und Petra Köpping plädierten im Gespräch mit dem «Spiegel» für eine grosse Steuerreform.