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Kampf um Kiew am dritten Tag der Invasion - Debatte um Swift-Sanktion

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Im Krieg Russlands gegen die Ukraine droht eine Ausweitung der Kampfhandlungen vor allem in Kiew.

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Der SNF spricht eine Million Franken für die vorübergehende Aufnahme ukrainischer Forschender. Foto: Sergei Grits/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Der Kreml behauptete, die Ukraine habe am Samstag Friedensverhandlungen mit Russland abgelehnt. Daher werde der «Vormarsch der wichtigsten russischen Streitkräfte» wieder aufgenommen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Die ukrainische Führung dementierte.

«Ihre Kommentare, dass wir Verhandlungen abgesagt hätten, sind lediglich Teil ihrer Taktik», sagte Präsidentenberater Mychajlo Podolak einer Mitteilung zufolge. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rief seine Landsleute in Videobotschaften am Samstag zur Abwehr russischer Angriffe auf. Nach Angaben des Innenministers wurden 25 000 automatische Waffen sowie 10 Millionen Patronen an Einwohner Kiews ausgegeben. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) teilte mit, dass weit mehr als 100 000 Menschen aus der Ukraine in Nachbarländer geflüchtet seien.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Donnerstagmorgen den Angriff auf die Ukraine begonnen. Bereits am Freitag drangen russische Truppen an den Rand der Hauptstadt Kiew vor, die auch aus der Luft beschossen wurde. In Kiew leben rund 2,8 Millionen Menschen.

Kämpfe gab es auch um Odessa, Mariupol und andere Städte im ganzen Land. Die Europäische Union und die USA wollen nicht militärisch in den Konflikt eingreifen. Sie verhängten aber scharfe Sanktionen, auch gegen Putin selbst. Ein Ausschluss Russlands aus dem Banken-Informationssystem Swift wurde bisher nicht beschlossen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gerät deshalb immer stärker unter Druck - mit seinem Nein steht er in der EU inzwischen weitgehend isoliert da. An diesem Sonntag gibt der Kanzler im Bundestag eine Regierungserklärung zum Ukraine-Krieg im Bundestag ab.

Selenskyj berichtete in einer Videobotschaft über andauernde Kämpfe in Kiew und anderen Landesteilen. Russische Truppen wollten das Stadtzentrum von Kiew einnehmen und «hier ihre Marionetten installieren», warnte er. «Mehr als 100 000 Eindringlinge sind in unserem Land», schrieb das Staatsoberhaupt am Samstag bei Twitter. «Sie schiessen heimtückisch auf Wohngebäude.» Er appellierte an den UN-Sicherheitsrat, die Ukraine dringend politisch zu unterstützen.

Der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew sagte, dass Russland trotz westlicher Sanktionen den Einmarsch in die Ukraine nicht abbrechen werde. «Die Militäroperation zum Schutz des Donbass wird vollständig und bis zum Erreichen aller Ergebnisse durchgeführt. Nicht mehr und nicht weniger», schrieb der Vize-Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats im sozialen Netzwerk Vkontakte. Diplomatische Beziehungen zum Westen seien «nicht besonders erforderlich». Es sei an der Zeit, «die Botschaften mit Schlössern zu verschliessen». Nach der Suspendierung Russlands aus dem Europarat brachte er zudem die Wiedereinführung der Todesstrafe ins Spiel.

Aus Kiew wurden Gefechte gemeldet, unter anderem um ein Heizkraftwerk und eine Kaserne der ukrainischen Streitkräfte. Bilder zeigten Treffer in einem Wohngebäude. Die ukrainischen Behörden warnten: «Auf den Strassen unserer Stadt laufen jetzt Kampfhandlungen. Wir bitten darum, Ruhe zu bewahren und maximal vorsichtig zu sein!» Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko betonte aber, die Hauptstadt sei weiter in ukrainischer Hand.

Die ukrainische Armee forderte die Bevölkerung auf, den russischen Vormarsch mit allen Mitteln zu stoppen. «Fällt Bäume, baut Barrikaden, verbrennt Reifen! Nutzt alles, was Ihr zur Hand habt!», zitierte die Agentur Unian aus einer Mitteilung. Auch der Bau sogenannter Molotow-Cocktails könne helfen. «Die Besatzer müssen verstehen, dass sie hier nicht erwünscht sind und dass ihnen in jeder Strasse Widerstand geleistet wird», hiess es weiter.

Nach Angaben des ukrainischen Gesundheitsministeriums wurden bis Samstag insgesamt 198 Zivilisten getötet. Russland bestreitet, dass zivile Einrichtungen angegriffen werden und warf seinerseits der ukrainischen Seite den Beschuss von Wohngebieten im Separatistengebiet Donbass vor.

Beide Kriegsparteien zogen erste Bilanzen: Das ukrainische Militär erklärte, man habe 3500 russische Soldaten getötet und 200 weitere gefangen genommen. Zudem seien 14 Flugzeuge, 8 Hubschrauber und 102 Panzer sowie mehr als 530 weitere Militärfahrzeuge zerstört worden.

Russland meldete, es seien mehr als 800 ukrainische Militärobjekte «ausser Gefecht» gesetzt worden. 14 Militärflugplätze, 19 Kommandoposten, 24 Flugabwehr-Raketensysteme vom Typ S-300 und 48 Radarstationen seien zerstört, acht Marine-Boote der Ukraine getroffen worden. Russische Truppen hätten die Kontrolle über die südostukrainische Kleinstadt Melitopol.

Diese Angaben der Kriegsparteien können nicht von unabhängiger Seite überprüft werden. Gesicherte Informationen sind immer schwerer verfügbar. Viele westliche Journalisten haben Kiew verlassen.

In Deutschland kamen erste Flüchtende an, ihre Zahl war aber zunächst noch gering. Ukrainische Bürger können ohne Visum in die EU einreisen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) geht davon aus, dass bereits vor Beginn der russischen Invasion 860 000 Binnenflüchtlinge im Land unterwegs waren. Die Zahl sei nun gestiegen, seriöse Schätzungen zur Zahl der Binnenflüchtlinge seit Kriegsbeginn seien aber bisher nicht möglich.

Bundeskanzler Scholz und die Ministerpräsidenten der Länder hatten am Freitagabend über die mögliche Aufnahme von Flüchtlingen beraten. Allein Brandenburg macht sich nach den Worten von Ministerpräsident Dietmar Woidke bereit für mindestens 10 000 Ukraine-Flüchtlinge in den nächsten Tagen.

Eine diplomatische Lösung des Konflikts ist nicht in Sicht. Putin hat bereits deutlich gemacht, dass er die Führung um Selenskyj stürzen will. Der ukrainische Präsident sieht sich als Feind Nummer eins des russischen Angriffs.

Eine gegen den russischen Angriff gerichtete Resolution im UN-Sicherheitsrat scheiterte wie erwartet am Veto Moskaus. Westliche Diplomaten werteten die Abstimmung dennoch als Erfolg beim Versuch, Russland international zu isolieren. Denn China - sonst enger UN-Partner der Russen - enthielt sich.

Um Druck auf Russland auszuüben, traten in der Nacht zum Samstag die neuen EU-Sanktionen in Kraft. Die Strafmassnahmen sollen Russland und seiner Wirtschaft erheblichen Schaden zufügen. Dafür werden zum Beispiel die Refinanzierungsmöglichkeiten des Staates und von ausgewählten privaten Banken und Unternehmen eingeschränkt. Zudem erlässt die EU Ausfuhrbeschränkungen für strategisch wichtige Güter.

Darüber hinaus setzen die EU, Grossbritannien und die USA Putin und den russischen Aussenminister Sergej Lawrow auf ihre Sanktionslisten. Damit könnten ausländische Konten oder Vermögen eingefroren werden.

Die 30 Nato-Staaten hatten am Freitag ihre Entschlossenheit zur kollektiven Verteidigung der Alliierten bekräftigt. «Wir werden tun, was notwendig ist, um jeden Verbündeten und jedes Stück Nato-Gebiet zu beschützen und zu verteidigen», sagte Generalsekretär Stoltenberg.

Rund um den Globus wird weiter aus Solidarität mit der Ukraine demonstriert. In mehreren deutschen Städten gingen Tausende auf die Strassen, vor allem in Düsseldorf, Frankfurt und München gab es grössere Kundgebungen. In Berlin ist für Sonntag eine Demonstration geplant.

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