Macron will mit Steuersenkungen und Referenden aus der Krise
Mit Steuersenkungen und Entlastungen für Rentner will Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Krise um die «Gelbwesten» hinter sich lassen.
Das Wichtigste in Kürze
- Präsident räumt «Unstimmigkeiten» mit Merkel ein.
Gut fünf Monate nach Beginn der Sozialproteste und nach einer umfassenden Bürgerbefragung kündigte er am Donnerstag in Paris ein Massnahmenpaket an, das auch die Schliessung der Elitehochschule ENA umfasst. Aktivisten der Protestbewegung äusserten sich «enttäuscht».
Macron versprach in einer rund einstündigen kämpferischen Rede und einer anschliessenden Pressekonferenz, er werde die Einkommensteuer «deutlich» senken. Davon soll vor allem die Mittelschicht profitieren, aus der viele seiner Wähler stammen. Zudem soll es Erleichterungen für Rentner geben, die über ein Einkommen von bis zu 2000 Euro verfügen.
Der 41-Jährige deutete auch eine mögliche Rückkehr zur Vermögensteuer an, die seine Regierung weitgehend abgeschafft hatte. Die Massnahme werde im kommenden Jahr überprüft, sagte er im Elysée-Palast. Die Protestbewegung wirft ihm vor, «Präsident der Reichen» zu sein.
Als weitere Konsequenz aus den Demonstrationen und der folgenden zweimonatigen Bürgerbefragung stellte Macron erleichterte Volksbefragungen in Aussicht. Bindende Referenden nach Schweizer Modell, wie sie die «Gelbwesten» forderten, stellten jedoch «die repräsentative Demokratie in Frage», sagte der Präsident.
Zudem will sich Macron für eine Reform des öffentlichen Dienstes einsetzen und breitere Schichten beteiligen. In diesem Kontext solle «unter anderem die ENA abgeschafft» werden, sagte Macron zu der Elitehochschule, die er selbst besucht hatte. Bei dem Bürgerdialog hatten viele Teilnehmer die politischen Elite als abgehoben bezeichnet und eine Reform der Ausbildung gefordert.
Von Aktivisten der Sozialbewegung kam scharfe Kritik an den Äusserungen des Präsidenten: Macron wolle «seine Politik nicht korrigieren», kritisierte der «Gelbwesten»-Vertreter Jérémy Clément. Die Sozialaktivistin Ingrid Levavasseur sagte dem Sender Europe 1, sie sei «sehr enttäuscht», da viele Ankündigungen zu vage seien.
Auf Kritik der «Gelbwesten» stösst auch, dass Macron an seinem Reformkurs grundsätzlich festhalten will. «Ich glaube, dass die Umwandlung unseres Landes nicht gestoppt werden darf», sagte er in Richtung der EU-Partner in Berlin und Brüssel.
Zugleich räumte der Präsident «Unstimmigkeiten» mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein. Beim Brexit und bei der Klimapolitik sei er mit Merkel nicht auf einer Linie. Auch bei der europäischen Handelspolitik gebe es Differenzen.
Bereits im Dezember hatte Macron ein Massnahmenpaket im Umfang von zehn Milliarden Euro angekündigt, um die «Gelbwesten» zu besänftigen. Es sah unter anderem eine Anhebung des Mindestlohns und Erleichterungen für Rentner vor.
Macron bescheinigte der Protestbewegung nun «gerechtfertigte Forderungen». Im Land gebe es ein weit verbreitetes Gefühl von «Vernachlässigung» und «Ungerechtigkeit», sagte der Präsident. Stellenweise habe er selbst «hart, manchmal ungerecht» gewirkt, räumte Macron ein. «Das bedauere ich.»
Als Antwort auf die Proteste hatte Macron von Mitte Januar bis Mitte März landesweite Bürgerdebatten abhalten lassen, um «die Wut in Lösungen zu verwandeln», wie er sagte. Daran beteiligten sich rund 1,5 Millionen Franzosen bei lokalen Diskussionen sowie im Internet.
Die «Gelbwesten» gehen seit Mitte November auf die Strasse. Für diesen Samstag sind neue Proteste angekündigt. Die Bewegung fordert Macrons Rücktritt.