Mehr als drei Viertel der Kasachen stimmen bei Referendum für Verfassungsreform
77 Prozent der Wähler haben sich laut offiziellen Angaben für die von Präsident Kassym-Schomart Tokajew angestrebte Verfassungsreform ausgesprochen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Verfassungsreform soll die Machtstellung des Ex-Präsidenten Nasarbajew schwächen.
- Das Referendum fand unter dem nachwirkenden Eindruck der blutigen Januar-Proteste statt.
Bei einem Referendum in Kasachstan hat laut offiziellen Angaben eine grosse Mehrheit für die von Präsident Kassym-Schomart Tokajew angestrebte Verfassungsreform gestimmt. 77 Prozent der Wähler sprachen sich dafür aus, wie die Wahlkommission am Montag unter Berufung auf vorläufige Ergebnisse mitteilte. Die Beteiligung an dem Referendum am Sonntag lag demnach bei mehr als 68 Prozent. Durch die Verfassungsänderungen in dem zentralasiatischen Land wird die immer noch grosse Machtstellung des früheren Staatschefs Nursultan Nasarbajew geschwächt.
Das Referendum fand unter dem nachwirkenden Eindruck der blutigen Proteste vom Januar statt. Präsident Tokajew hatte die Verfassungsreform als Stärkung des Parlaments beworben. Beobachter unterstrichen jedoch, dass die Reform insbesondere darauf abziele, den Einfluss Nasarbajews zu reduzieren.
Nasarbajew war fast drei Jahrzehnte im Amt
Nasarbajew hatte Tokajew zu seinem Nachfolger bestimmt, als er 2019 nach fast drei Jahrzehnten im Amt zurückgetreten war. Der inzwischen 81-Jährige behielt aber den Verfassungstitel des «Elbasy» («Anführer der Nation»), der ihm grossen Einfluss auf politische Entscheidungen gewährt. Diesen Titel verliert Nasarbajew durch die Verfassungsreform nun.
Eine weitere Änderung soll verhindern, dass Verwandte des Präsidenten Regierungsämter bekleiden - was ganz offensichtlich auf die Familie Nasarbajews abzielt. Allerdings hatten diverse Angehörige und Vertraute des Ex-Präsidenten bereits seit den Ausschreitungen vom Januar ihre Ämter verloren, wodurch Tokajews Position gestärkt wurde.
Die Proteste im Januar hatten sich an einer Erhöhung der Gaspreise entzündet. Sie begannen friedlich, schlugen dann aber in blutige Ausschreitungen um, die von den Sicherheitskräften gewaltsam und mit Hilfe russischer Truppen beendet wurden. Mehr als 230 Menschen wurden getötet. Tokajew machte «Banditen» sowie «Terroristen» mit Verbindungen ins Ausland für die Zusammenstösse verantwortlich. Die Hintergründe blieben weitgehend unklar.