Kritik an Papst-Erlass zu interner Meldepflicht bei sexuellem Missbrauch

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Vatikanstadt,

Zweieinhalb Monate nach der Kinderschutzkonferenz im Vatikan hat Papst Franziskus eine interne Meldepflicht für Missbrauchsfälle innerhalb der katholischen Kirche eingeführt.

Papst Franziskus
Papst Franziskus auf dem Petersplatz. - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Justizministerin Barley: Kirche muss Verdachtsfälle auch zur Anzeige bringen.

Priester und andere Kleriker und Ordensleute müssen jeden Verdachtsfall und jede versuchte Vertuschung der Kirche melden, wie aus einem am Donnerstag veröffentlichten Dekret des Papstes hervorgeht. Kritikern geht die Regelung allerdings nicht weit genug. Sie riefen die Kirche auf, Verdachtsfälle umgehend zur Anzeige zu bringen.

Die katholische Kirche wird seit Jahren von Missbrauchsskandalen erschüttert. Ende Februar hatte der Papst bei einem Krisengipfel im Vatikan «konkrete und wirksame Massnahmen» der Kirche gegen sexuellen Kindesmissbrauch gefordert. Das nun erlassene Dekret zur Verschärfung des Kirchenrechts ist ein Ergebnis dieses Krisengipfels.

«Auch wenn schon vieles getan wurde, müssen wir weiter aus den bitteren Lektionen der Vergangenheit lernen», erklärte der Papst in dem apostolischen Schreiben «Vos estis lux mundi» (Ihr seid das Licht der Welt). Das Dekret schreibt unter anderem vor, dass alle Kleriker und Ordensleute «unverzüglich» alle Informationen über Missbrauch, von denen sie erfahren, an ihren Vorgesetzten weitergeben müssen.

Auch jeder Versuch zur Vertuschung von Missbrauchsfällen muss demnach gemeldet werden. Alle Diözesen weltweit müssen zudem bis Juni 2020 Meldestellen für Missbrauchsfälle einrichten.

Im März hatte der Papst bereits ein Gesetz für den Vatikan erlassen, mit dem eine Meldepflicht für Mitarbeiter des Vatikanstaats und der Kirchenverwaltung eingeführt wurde. Die neuen Regeln gelten nun für die gesamte Kirche. Es handele sich um «universell gültige Rechtsvorschriften», erklärte der Leiter der Kommunikationsabteilung im Vatikan, Andrea Tornielli. Eine Meldepflicht an staatliche Stellen wie die Polizei soll es aber nicht geben.

Opferverbände verlangen vom Papst schon seit langem konkrete Massnahmen gegen sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche. Sie fordern etwa, dass verurteilte Täter sofort aus dem Kirchenstand entlassen werden und dass alle Verdachtsfälle der Polizei gemeldet werden müssen. Gefordert wird auch, dass Priester auch Missbrauchsfälle melden sollen, die sie in der Beichte erfahren haben. Das Beichtgeheimnis wird durch das neue Papst-Dekret aber auch bei sexuellem Missbrauch nicht aufgehoben.

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) kritisierte, dass die neue Meldepflicht nur intern für die katholische Kirche gilt. «Sexueller Missbrauch von Kindern ist von Strafgerichten zu beurteilen», erklärte Barley. «Die schrecklichen Missbrauchstaten sind keine interne Angelegenheit der katholischen Kirche.» Bei jedem Hinweis auf sexuellen Missbrauch müsse «unmittelbar» Strafanzeige gestellt werden. Andernfalls blieben die «Mauern des Schweigens» erhalten, die den Missbrauch so lange verdeckt und verschleiert hätten.

Ähnlich äusserte sich die Betroffeneninitiative Eckiger Tisch. Das Dekret sei ein guter Schritt, gehe aber nicht weit genug, sagte Sprecher Matthias Katsch dem SWR. Es fehle eine verbindliche Vorgabe, bei Verdachtsfällen auch die Staatsanwaltschaft einzuschalten.

Die Deutsche Bischofskonferenz befürwortete die neuen Regelungen. Das Dekret setze die Reihe der Dokumente fort, mit denen der Papst «den Kampf gegen den sexuellen Missbrauch durch kirchliche Amtsträger noch konsequenter und präziser als bisher weiterführen will», erklärte der Beauftragte der Bischofskonferenz für Fragen des sexuellen Missbrauchs, der Trierer Bischof Stephan Ackermann.

Es werde nun zeitnah geprüft, welche möglichen Auswirkungen der Erlass auf die nationalen Leitlinien hat. «Diese befinden sich ohnehin aktuell in einer Phase der Überprüfung», erklärte Ackermann. Die Vorgabe zu den Meldesystemen für Missbrauchsfälle habe die Kirche in Deutschland bereits 2010 umgesetzt.

Nach Einschätzung des Vatikan-Experten John Allen werden die Auswirkungen des neuen Gesetzes ohnehin «ausserhalb der westlichen Welt» am grössten sein. In vielen europäischen Ländern sowie in den USA und Kanada seien bereits «ziemlich stabile Meldesysteme» eingeführt worden, sagte Allen dem Online-Portal «Crux Now».

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