Innenministerium verbietet alle Aktivitäten der Hisbollah in Deutschland
In Deutschland sind fortan alle Aktivitäten der schiitischen Hisbollah verboten.
Das Wichtigste in Kürze
- Seehofer: Verbot ist «deutsche Staatsräson» - Lob aus USA und Israel.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) stufte die Gruppierung am Donnerstag als «terroristische Vereinigung» ein, die auf die «gewaltsame Vernichtung Israels» hinarbeite. Auf Grundlage des Betätigungsverbots rückten Polizisten in mehreren Bundesländern am frühen Morgen zu Razzien aus. Israel und die USA begrüssten das Verbot, der Zentralrat der Juden in Deutschland bezeichnete es als längst überfällig.
«Die Hisbollah ist eine terroristische Vereinigung, der weltweit zahlreiche Anschläge und Entführungen zugerechnet werden», sagte Seehofer der «Bild»-Zeitung. Angesichts der aggressiv anti-israelischen Haltung der aus dem Libanon stammenden Organisation gehöre es auch «zu unserer historischen Verantwortung, dass wir mit allen rechtsstaatlichen Mitteln dagegen vorgehen - das ist deutsche Staatsräson».
Die deutschen Sicherheitsbehörden rechnen etwa 1050 Menschen in Deutschland dem extremistischen Potenzial der Hisbollah zu. Die Gruppierung nutze Deutschland als «Rückzugs- und Rekrutierungsraum», erklärte das Ministerium. Sie sammle hier Spenden ein und bereite Anschläge vor. Eine einheitliche «Hisbollah Deutschland» gebe es allerdings nicht; die Anhänger seien vielmehr in einzelnen Moscheevereinen organisiert.
Israel begrüsste das deutsche Hisbollah-Verbot. «Alle friedliebenden Länder» sollten «terroristische Organisationen ablehnen und sie weder direkt noch indirekt unterstützen», erklärte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu laut einer Mitteilung seines Büros. Aussenminister Israel Katz sprach von einem «wichtigen und bedeutenden Schritt» im weltweiten Kampf gegen den Terrorismus. Er sei der Bundesregierung für diese Massnahme «zutiefst dankbar». Die Europäische Union forderte er auf, dem deutschen Beispiel zu folgen.
Ähnlich äusserte sich der US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell. «Wir dürfen nicht zulassen, dass die Hisbollah Europa als sicheren Zufluchtsort nutzt, um in Syrien und im gesamten Nahen Osten Terrorismus zu fördern», erklärte er.
Mit dem Verbot dürfen Hisbollah-Anhänger in Deutschland nicht mehr die gelbe Fahne schwenken, auf der eine Faust ein Sturmgewehr in die Luft reckt. Auch Symbole der Jugendbewegung der Schiitenmiliz sind in Deutschland künftig verboten. Das Vermögen der Gruppierung in Deutschland soll beschlagnahmt werden.
Seehofer begründete das Verbot damit, dass sich die Tätigkeit der Hisbollah «in elementarer Weise gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet», wie sein Ministerium erklärte. Hier gehe es insbesondere um die Aufrufe zur Vernichtung Israels. Laut Innenministerium durchsuchten Beamte seit dem frühen Morgen in Berlin, Bremen, Münster, Recklinghausen und Dortmund insgesamt vier Vereinsobjekte sowie Privatwohnungen.
Der Zentralrat der Juden begrüsste das Betätigungsverbot: «Es wurde höchste Zeit, dass Deutschland anderen Staaten nachgefolgt ist und die Hisbollah verboten hat», erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster. Die Hisbollah «bedroht jüdisches Leben und stellt eine Gefahr für die Innere Sicherheit dar». Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sprach gegenüber dem «Tagesspiegel» von einer «guten Nachricht für die Demokratie».
Auch aus dem Bundestag kam Zustimmung. Das Parlament hatte die Bundesregierung bereits im Dezember aufgefordert, ein Betätigungsverbot auszusprechen. Union, SPD und FDP stimmten damals dafür. «Es ist gut, dass das Innenministerium nun endlich aktiv geworden ist», sagte der FDP-Innenexperte Benjamin Strasser am Donnerstag zu AFP.
«Das wird nicht die letzte Aktion gewesen sein», sagte Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) bei «Bild Live» zu dem Verbot. «Das ist auch ein klares und ein wichtiges Zeichen an unsere israelischen Freunde.»
Im Libanon ist die Hisbollah zum einen eine Partei, die Mandate im Parlament besetzt und auch Minister in der Regierung stellt. Zum anderen ist sie aber auch eine paramilitärische Miliz, die im schiitischen Süden des Landes eine weitgehend autonome Herrschaft ausübt.