Sterbehelferin Erika Preisig würde Patientin nicht mehr begleiten
Die im Baselbieter Sterbehilfeprozess teilweise schuldig gesprochene Ärztin Erika Preisig würde die betroffene Todespatientin heute nicht mehr begleiten.
Das Wichtigste in Kürze
- Erika Preisig würde die psychisch kranke Frau heute nicht mehr in den Tod begleiten.
- Die Sterbebegleiterin zeigt sich von der Aufarbeitung des Baselbieter Falls gezeichnet.
- Die Ärztin fordert deshalb eine gesetzliche Regelung der Sterbehilfe.
«Könnte ich zurück zu den Tagen vor der Begleitung, ich würde die Frau nicht mehr begleiten». Das erklärte die vom Prozessstress gezeichnete Erika Preisig in einem am Montag veröffentlichten schriftlich geführten Interview mit den Tamedia-Zeitungen. «Nie mehr darf das Schicksal eines anderen Menschen zu meinem werden.»
Eine Anklage gegen sich hätte sie nur verhindern können, wenn sie der psychisch kranken Frau die Hilfe versagt hätte und damit das Risiko, dass sie sich durch einen Sprung vom Balkon suizidiert, eingegangen wäre, schrieb Preisig. Sie fordert eine gesetzliche Regelung der Sterbehilfe. Die neuen Richtlinien der Schweizerischen Akademie für Medizinische Wissenschaften sollten ihrer Meinung nach Gesetz werden.
Preisig räumte ein, dass die Sterbebegleitung von psychisch Kranken weiterhin problematisch bleibe. Psychiatrisch kranke Patienten seien in Bezug auf einen Todeswunsch benachteiligt. Psychiater hätten Mühe, einen Todeswunsch als rationale Entscheidung zu akzeptieren. Für diese scheine ein Todeswunsch immer Zeichen einer Depression zu sein.
Die 61-Jährige hatte 2016 in Liestal BL eine psychisch kranke Frau in den Tod begleitet, ohne zuvor ein unabhängiges Fachgutachten zu deren Urteilsfähigkeit einzuholen. Die Staatsanwaltschaft liess nach dem Tod der Patientin ein Aktengutachten erstellen, und dieses attestierte der Verstorbenen eine schwere Depression; sie sei nicht urteilsfähig gewesen.
Zu 15 Monaten bedingt verurteilt
Das Baselbieter Strafgericht verurteilte Preisig am vergangenen Dienstag wegen Verstössen gegen das Heilmittelrecht zu 15 Monaten bedingt und 20'000 Franken Busse. Die Staatsanwaltschaft hatte fünf Jahre Freiheitsstrafe wegen vorsätzlicher Tötung in mittelbarer Täterschaft gefordert. Der Verteidiger hatte auf Freispruch plädiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der Prozess um die Freitodbegleitung warf hohe Wellen. Zahlreiche Menschen äusserten ihre Solidarität mit der Sterbehelferin und ermunterten sie, sich weiter für ein Recht auf selbst gewähltes Sterben einzusetzen. Kritiker dagegen warfen Preisig Eigenmächtigkeit vor.