Mehrere Geschosse treffen Grüne Zone in Bagdad und Stützpunkt mit US-Soldaten
Nach der Tötung des iranischen Top-Generals Kassem Soleimani durch die USA im Irak erhöhen pro-iranische Gruppen den Druck auf US-Einrichtungen in dem Land.
Das Wichtigste in Kürze
- Pro-iranische Gruppe: Irakische Soldaten sollen sich von US-Truppen entfernen.
Als Zeichen einer ersten möglichen Vergeltung schlugen am Samstagabend Geschosse nahe der US-Botschaft in Bagdad sowie auf einem irakischen Stützpunkt ein, auf dem US-Soldaten stationiert sind. Zuvor hatten bei einem Trauerzug für Soleimani und weitere Getötete zehntausende Iraker «Rache» und den «Tod Amerikas» gefordert.
Sicherheitskreise teilten der Nachrichtenagentur AFP am Samstagabend mit, zwei Mörsergranaten seien nahe der US-Botschaft in Bagdad eingeschlagen. Beinahe zeitgleich schlugen auf dem Stützpunkt Al-Balad nördlich von Bagdad zwei Katjuscha-Raketen ein, wie Sicherheitskreise mitteilten. Die irakische Armee bestätigte beide Angriffe und erklärte, es habe keine Opfer gegeben.
Zwar bekannte sich zunächst niemand zu den Angriffen, kurz darauf forderten die pro-iranischen Hisbollah-Brigaden im Irak die irakischen Truppen und Sicherheitskräfte jedoch auf, sich von US-Soldaten auf Stützpunkten im Irak zu entfernen. Dies solle ab Sonntag um 17.00 Uhr (15.00 Uhr MEZ) gelten, die Entfernung solle «mindestens 1000 Meter von US-Stützpunkten» betragen.
Die Frist würde mit einer Sitzung des irakischen Parlaments am Sonntag zusammenfallen. Die Hasched-al-Schaabi-Milizen, zu der die Hisbollah-Brigaden gehören, fordern, dass das Parlament dann beschliesst, die US-Truppen des Landes zu verweisen.
Die Lage in der Region hatte sich in den vergangenen Tagen dramatisch verschärft: Als Reaktion auf den Tod eines US-Zivilisten bei einem Raketenangriff auf einen Militärstützpunkt im Irak hatten die USA Ende Dezember Stellungen der Hisbollah-Brigaden aus der Luft bombardiert und 25 Kämpfer getötet. Am Dienstag dann griffen tausende pro-iranische Demonstranten die US-Botschaft in Bagdad an.
In der Nacht zum Freitag töteten die USA mit einem gezielten Drohnenangriff nahe des Flughafens von Bagdad den iranischen Top-General Soleimani, den irakischen Milizenführer Abu Mehdi al-Muhandis und acht weitere Menschen. Die Tötung Soleimanis war die bislang dramatischste Eskalation inmitten der zunehmenden Spannungen zwischen Washington und Teheran. Soleimani war der langjährige Anführer der für Auslandseinsätze zuständigen Al-Kuds-Brigaden, die zu den Revolutionsgarden gehören.
Der Iran drohte mit Vergeltung. Zum Schutz ihrer Diplomaten und Soldaten im Irak kündigten die USA die Entsendung von 3000 bis 3500 zusätzlichen Soldaten in die Golfregion an.
US-Präsident Donald Trump versicherte, die USA hätten gehandelt, «um einen Krieg zu stoppen», nicht um einen Krieg zu beginnen. Der iranische UN-Botschafter Madschid Tacht Rawantschi sprach dagegen von einer «Kriegshandlung» der USA.
Zehntausende Iraker forderten am Samstag bei einem Trauerzug für Soleimani und al-Muhandis «Rache» und den «Tod Amerikas». Zu den Teilnehmern zählten auch führende irakische Politiker und Geistliche, darunter Regierungschef Adel Abdel Mahdi. In Teheran wurden bei Trauermärschen mit tausenden Teilnehmern Flaggen der USA und Israels angezündet.
Vor dem Hintergrund der angespannten Lage setzte die Bundeswehr ihre Ausbildungsmission im Irak vorübergehend aus. An ihrem geplanten Kontingentwechsel hält die Bundeswehr aber fest. Auch die Nato setzte die Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte vorübergehend aus. Die Nato-Mission werde jedoch fortgesetzt, erklärte ein Sprecher des Bündnisses am Samstag.
Die von den USA angeführte Anti-IS-Koalition entschied, die Sicherheitsmassnahmen für die im Irak stationierten internationalen Truppen zu verschärfen und ihre Einsätze «einzuschränken».
US-Aussenminister Mike Pompeo kritisierte derweil die Reaktion der Europäer auf die Tötung Soleimanis. Die Briten, Franzosen und Deutschen müssten verstehen, dass der US-Angriff «auch Leben in Europa gerettet hat».
Nach der Tötung Soleimanis hatten mehrere westliche Staats- und Regierungschefs vor einer Eskalation gewarnt. Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell forderte in einem Telefonat mit Irans Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif am Samstag eine «Deeskalation». Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warnte im Gespräch mit dem irakischen Staatschef Barham Saleh vor einer Verschärfung der Spannungen.