Weniger Teilnehmer bei «Gelbwesten»-Protesten in Frankreich
Unbeeindruckt von örtlichen Demonstrationsverboten sind in Frankreich am Samstag erneut zehntausende Menschen zu den «Gelbwesten»-Protesten gekommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Zahlreiche Städte sperren Innenstädte aus Angst vor Randale.
Nach Angaben des Innenministeriums gingen landesweit 33.700 Teilnehmer auf die Strasse, davon 4000 in Paris. In der Vorwoche waren es noch 40.500 Demonstranten gewesen, davon 5000 in der Hauptstadt. In Bordeaux gingen gegen den Trend deutlich mehr Demonstranten auf die Strasse.
«Das Ziel ist noch immer dasselbe: soziale Gerechtigkeit und Volksabstimmungen, vor allem bei Entscheidungen zu Wirtschaftsthemen», sagte ein 43-jähriger Demonstrant in Paris der Nachrichtenagentur AFP. Dort hatten sich die Teilnehmer zunächst am Bahnhof Gare de l'Est getroffen, um von dort weiter zum Trocadéro-Platz unweit des Eiffel-Turms zu ziehen. Die Polizei setzte in der Hauptstadt vereinzelt Tränengas ein, die meisten Demonstrationsmärsche blieben aber friedlich.
Nach schweren Ausschreitungen vor zwei Wochen hatte die Pariser Polizei diesmal die Champs-Elysées für die «Gelbwesten» gesperrt. Auch rund um den Präsidentenpalast und das Gebäude der Nationalversammlung gab es Absperrungen.
Die Polizei nahm nach eigenen Angaben bis 17.00 Uhr 103 Menschen fest und nahm 26 in Gewahrsam.
Während die offiziellen Zahlen eine geringere Beteiligung als in der Vorwoche zeigten, hatte der Protest in Bordeaux im Südwesten des Landes deutlich mehr Zulauf. Waren dort in der vergangenen Woche noch etwa 2500 «Gelbwesten» gekommen, so lag die Zahl am Samstagnachmittag in etwa doppelt so hoch - vermutlich, da diesmal auch Teilnehmer aus Toulouse mitliefen.
Nach gewalttätigen Zusammenstössen bei früheren Protesten hatte Bürgermeister Nicolas Florian das Stadtzentrum von Bordeaux sperren lassen und den Bewohnern geraten, zuhause zu bleiben. Begründet wurde das mit der möglichen Ankunft von «hunderten von Randalierern».
«Wir haben kein Problem mit diesen Protesten», sagte hingegen der 43-jährige Géraud, der mit seiner ganzen Familie zur Demonstration gekommen war. Er forderte, die Regierung solle weniger Druck auf die Bewegung ausüben und «nicht immer nur über die Randalierer sprechen».
Der Schuhhersteller Michard Ardillier, ein Traditionsunternehmen in Bordeaux, blieb am Samstag zum ersten Mal seit Beginn der Proteste vollständig geschlossen. Der Einzelhandelsverband der Stadt gab den Umsatzverlust durch die samstäglichen Proteste mit zehn bis 30 Prozent an.
Reporter von AFP beobachteten in Bordeaux, wie Baumaterial und Gummirohre in Brand gesetzt wurden. Aus dem Demonstrationszug, in dem auch Mitglieder des «Schwarzen Blocks» marschierten, wurden am späten Nachmittag mehrere Gegenstände auf die Polizei geworfen.
Bordeaux ist einer der Geburtsorte der «Gelbwesten»-Bewegung, die sich hier vor allem gegen die hohen Immobilienpreise richtet. Die «Gelbwesten» fordern seit Monaten mehr soziale Gerechtigkeit und protestieren gegen die Politik von Präsident Emmanuel Macron.
Neben Paris und Bordeaux hatten auch andere Städte ihre Zentren diesmal für den Protest gesperrt, darunter Avignon und Lille. In Lille schlugen die Behörden den «Gelbwesten» eine Ersatzroute für ihre Demonstration vor. In Avignon kam es am Nachmittag zu Zusammenstössen zwischen der Polizei und den Protestierenden. In Montpellier wurden zwei Polizisten leicht verletzt, als aus der Menge Gegenstände auf sie geworfen wurden.