In Italien sind die Gespräche über einen Ausweg aus der politischen Krise fortgesetzt worden.
Wachen im Quirinalspalast in Rom
Wachen im Quirinalspalast in Rom - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Staatschef Mattarella empfängt Vertreter aller Parteien .
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Präsident Sergio Mattarella beriet sich am Donnerstag mit den Vorsitzenden der grossen Parteien im Quirinalspalast in Rom. Zu den möglichen Szenarien zählen die Bildung einer neuen Koalition, eine kurzfristige technokratische Regierung oder vorgezogene Wahlen im Herbst. Als erste Partei empfing Mattarella Vertreter der neo-faschistischen Fratelli d'Italia (Brüder Italiens).

«Die einzige Möglichkeit, eine stabile Regierung zu bilden, besteht darin, Neuwahlen auszurufen», sagte die Vorsitzende der Fratelli d'Italia, Giorgia Meloni, nach dem Treffen mit Mattarella vor Journalisten. Das sei der einzige Weg, um Italien, seinen Interessen, seinem Volk und seiner Verfassung Respekt zu zollen, ergänzte sie. Bei Neuwahlen kann ihre Partei darauf hoffen, als Bündnispartner der rechtsextremen Lega des bisherigen Innenministers Matteo Salvini an die Regierung zu kommen.

Die italienische Tageszeitung «La Repubblica» berichtete unter Berufung auf Regierungskreise, dass Staatschef Mattarella so schnell wie möglich einen Ausweg aus der Krise finden wolle. Am Mittwoch hatte sich Mattarella mit den Präsidenten des Senats und der Abgeordnetenkammer beraten. Am kommenden Montag soll laut «La Repubblica» bereits ein Plan ausgearbeitet sein.

Mattarella hatte bereits mehrfach darauf gepocht, dass eine Regierung im Amt sein müsse, um im Schuldenstreit mit der EU den Haushaltsplan für 2020 fertigzustellen. Dies wäre auch notwendig, um eine automatische Erhöhung der Mehrwertsteuer im kommenden Jahr zu verhindern.

Die italienische Krise «befindet sich in einer kritischen Phase für Europa mit der Gefahr einer Rezession in Deutschland, der Einrichtung einer neuen Kommission in Brüssel und könnte zu einer deutlichen Verschlechterung des Vertrauens in die Eurozone beitragen», sagte der Chefökonom des italienischen Arbeitgeberverbandes Confindustria, Andrea Montanino.

Die italienische Presse spekuliert indessen bereits über mögliche Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten. Medienberichten zufolge ist auch möglich, dass erstmals eine Frau zur Regierungschefin ernannt wird. Weitere Kandidaten, die von der Presse diskutiert werden, sind der Präsident der Abgeordnetenkammer und Fünf-Sterne-Politiker Roberto Fico und der ehemalige Anti-Korruptions-Richter Raffaele Cantone.

Die ehemalige Regierungspartei PD hatte bereits angekündigt, zu Koalitionsverhandlungen mit ihrem ehemaligen Gegner, der Fünf-Sterne-Bewegung, bereit zu stehen. Dafür nannte die Partei fünf Bedingungen, darunter eine radikale Kehrtwende in der Einwanderungspolitik und mehr Investitionen im Land.

Der frühere Regierungschef und ehemalige EU-Kommissionspräsident Romano Prodi brachte eine weitere Option ins Spiel: Er schlug eine pro-europäische Regierung vor. Bei dieser Option würden sich Fünf-Sterne-Bewegung und PD mit der Mitte-Rechts-Partei Forza Italia von Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi verbünden. Berlusconi teilte am Mittwochabend jedoch mit, er werde sich wie Salvini für Neuwahlen einsetzen.

Lega-Chef Salvini hatte die Koalition mit der Fünf-Sterne-Bewegung am 8. August platzen lassen. Ein von seiner Partei eingereichter Misstrauensantrag gegen den parteilosen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte scheiterte am Widerstand des bisherigen Koalitionspartner der Fünf-Sterne-Bewegung und der sozialdemokratischen PD. Conte trat jedoch am Dienstag zurück.

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