Ex-Miss Jennifer Ann Gerber erklärt: Darum will ich in die Politik
Ex-Miss-Schweiz Jenny Gerber will für die FDP in den Aargauer Grossen Rat einziehen. Der Entscheid habe viel Überwindung gekostet, sagt sie im Nau.ch-Interview.
Das Wichtigste in Kürze
- Jennifer Ann Gerber kandidiert auf der FDP-Liste für den Aargauer Grossen Rat.
- Bislang war sie als Miss Schweiz 2001, Model und Moderatorin bekannt.
- Mit Nau.ch redet sie über die Gründe für den Einstieg in die Politik.
Oberwil-Lieli sei «das Juwel am Mutschellen», behauptet die Aargauer Gemeinde von sich selbst. Trotz lediglich 2000 Einwohnern hat sie fast schon Promi-Status. SVP-Nationalrat Andreas Glarner hat das Dorf auf die politische Landkarte gebracht. Ex-Miss-Schweiz Jennifer Ann Gerber sorgt (42) sorgt für den Glamour.
Jetzt sollen beide Welten vereint werden: Gerber kandidiert auf der FDP-Liste für die Wahlen in den Grossen Rat. Nach den Karrieren als Model, Moderatorin, Marketing-Dozentin und Mutter setzt sich die 42-Jährige also neue Ziele. Im Nau.ch-Interview sagt sie, warum sie ausgerechnet die Politik als neue Herausforderung sucht.
Nau.ch: Waren Sie eigentlich zuerst in der FDP und haben dann selbst etwas aktiv mitgestalten wollen, oder war es umgekehrt: zuerst der Gestaltungsdrang – und dann die FDP gefunden?
Jennifer Ann Gerber: Der zweite Weg. Es hat mir wirklich in letzter Zeit den Ärmel reingenommen. Immer wieder «Arena» geschaut, politisch interessierter geworden, bis die Leute gesagt haben: Hey, mach du doch auch mal was!
Wenn man mal eigene Kinder hat, sieht man die Umwelt auch mit anderen Augen. Ich sehe mich etwas als Sprachrohr für diejenigen, die eine ähnliche Meinung haben, aber sich nicht so getrauen, hinzustehen.
Ich hatte ursprünglich mehr Kontakt zu Mitte und SVP, habe aber mit der Zeit realisiert, ich bin eher «rechts der Mitte». Da musste ich mich grad etwas aus dem Fenster lehnen, weil bei der FDP kannte ich niemanden (lacht).
Ich habe mich sogar auf eine administrative Stelle beworben, dann aber merken müssen, dass diese längst besetzt ist – aber so hat sich dann der Kontakt ergeben.
Nau.ch: Was wollen Sie in der Politik erreichen – und warum sollte das eher klappen, wenn das Stimmvolk Frau Gerber wählt?
Gerber: Was für mich spricht: Ich kann die Gleichgesinnten abholen. Es gibt sicher viele Frauen, die die gleiche Erfahrungswelt haben.
Ich bin nicht oberflächlich, ehrlich, geradeheraus, ein offener Mensch: Das hilft sicher in der Politik. Und ich bin eine Macherin – wenn ich sehe, dass etwas getan werden muss, dann setze ich mich auch ein.
Ich bin wohl auch diplomatisch und scheue die Konfrontation nicht – aber ich bin nicht nachtragend. Mühe habe ich vielmehr mit gut gemeinten Ideen, bei denen die konkrete Umsetzung dann aber nicht mitgedacht ist. Wie zum Beispiel bei der 13. AHV-Rente.
Nau.ch: Sie haben es bei der Lancierung der Kandidatur schon angesprochen, dass sie einen Fokus auf Kinder legen wollen. Genug Bewegung, die Gefahren von Social Media, gute psychologische Betreuung: Da ist wahrscheinlich niemand fundamental dagegen, das könnte auch parteiübergreifend Zustimmung geben – solange es nicht zu viel kostet?
Gerber: Ich freue mich natürlich, wenn es andere begeistert. Auslöser war für mich halt schon, wenn man tagtäglich liest, was für psychologische Probleme – nicht nur bei Kindern – vorhanden sind. Gerade hier könnte man ja Kosten sparen, indem man präventiv tätig wird, sensibilisiert. Im Nachhinein wird es viel teurer.
Nau.ch: Bei 99 Prozent der Themen im Aargauer Grossen Rat geht es um anderes: KMU-Förderung, Asylpolitik, Stromtarife, Biodiversität. Wie positioniert sich da eine Grossrätin Gerber? Stramm auf Parteilinie?
Gerber: Ich würde sagen, beim meisten schon. Ich habe zu wohl fast allem eine Meinung und mich eingelesen. Ich lese sehr gerne und meine Meinung entwickelt sich fortwährend weiter. Ich bin sicher, ich kann auch extrem viel dazulernen auf diesem Weg, auch wenn ich es nicht schaffen sollte bei den Wahlen im Oktober.
Nau.ch: Man kennt Sie, aber als Ex-Miss und Model, nicht als Politikerin. Hat man als Promi beim Politik-Einstieg eher einen Bonus oder einen Malus?
Gerber: Auf jeden Fall beides! Ehrlich gesagt, hat es mich auch etwas Überwindung gekostet, anzutreten. Ich kandidiere ja für den Bezirk Bremgarten, hier bin ich aufgewachsen und man kennt mich. Da gibt es sicher sowohl Zustimmung wie Skepsis.
Nau.ch: Gab es schon abschätzige Reaktionen à la «wir wollen keine hübschen Gesichter, wir wollen kompetente Leute. Wenn schon Oberwil-Lieli, dann wenigstens den Andy Glarner»?
Gerber: Es gibt wohl von A bis Z alles. Aber das liegt jetzt auch an mir, dass ich mir das Wissen aneigne und die Leute überzeugen kann.
Mir ist es wichtig, dass ich diejenigen Leute abholen kann, die ähnlich ticken. Wenn man es anders sieht, dann sieht man es halt anders.
Nau.ch: Zum Schluss eine Frage, die man vielen Kandidierenden stellen könnte: Warum tut man sich das an? Es ist eine Menge Arbeit, man exponiert sich und niemand zwingt einem dazu. Speziell bei Ihnen könnte man auch sagen: Sie haben schon die Erfahrung, im Rampenlicht zu stehen. Sie könnten es sich auch einfach zuhause gemütlich machen.
Gerber: Ja, ich hab zu mir selbst sagen müssen: Ich will das wirklich, mich für eine gute Sache einsetzen! Ich hatte mich ja ganz bewusst aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Nach 15 Jahren im Rampenlicht gab es einige prägende Ereignisse: Heiraten, Kinder und der Tod meines Vaters.
Ich habe gemerkt: Für meine Zukunft brauche ich ein Thema, für das ich mich einsetzen kann – und habe so die Politik gefunden.
Die Öffentlichkeit suche ich nicht, das ist nicht der Grund. Ich hatte bis vor drei Wochen nicht einmal Social Media. Ich bin da noch am Lernen und muss immer noch aufpassen, dass ich die richtigen Knöpfe drücke.