Grüne Basel-Stadt: «Demokratie lebt von politischer Partizipation»
In Basel-Stadt könnten ausländische Personen bald das Stimmrecht erhalten. Der Vorschlag werde von den Grünen unterstützt, sagt Fleur Weibel im Interview.
Das Wichtigste in Kürze
- In Basel-Stadt könnten Personen mit Niederlassungsbewilligung das Stimmrecht erhalten.
- Gefordert wird dies in einem Vorschlag, welcher von der JSSK unterstützt wird.
- Fleur Weibel (Grüne) ist Teil der JSSK und begründet im Interview ihren Entscheid.
Eine Mehrheit der Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission unterstützt den Vorschlag, wonach Personen mit Niederlassungsbewilligung in Basel-Stadt das aktive Stimmrecht erhalten sollen. Dadurch dürften diese zwar bei Abstimmungen und Wahlen teilnehmen, sich selbst aber nicht wählen lassen. Denn in Basel wird der Anteil stimmberechtigter Personen zunehmend kleiner. Diesem Umstand will der Vorschlag entgegenwirken.
Die Grünen befürworten den Vorschlag, erklärt Fleur Weibel im Interview mit Nau.ch. Die Grossrätin ist Mitglied der Kommission, welche den Bericht zum Stimmrecht ausgearbeitet hat.
Nau.ch: Sollen Ihrer Meinung nach in Basel-Stadt lebende ausländische Menschen mit Niederlassungsbewilligung ein begrenztes Stimmrecht erhalten?
Fleur Weibel: Ja, die Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt schon länger in Basel-Stadt haben, die hier arbeiten, ihre Kinder hier in die Schulen schicken und Steuern bezahlen, sollen politisch mitentscheiden können, in welche Richtung sich Basel-Stadt weiterentwickelt.
«Hürden für eine Einbürgerung sind in der Schweiz noch immer hoch»
Nau.ch: Häufig genanntes Argument ist, dass sich Menschen ohne Schweizer Pass einbürgern lassen sollen, wenn Sie vom Stimmrecht profitieren wollen. Wieso widersprechen Sie dieser Haltung?
Weibel: Die Hürden für eine Einbürgerung sind in der Schweiz noch immer hoch, gerade die Wohnsitzfristen, die Kosten und das zeitaufwändige Verfahren erschweren die Einbürgerung. Neben der Einführung des eingeschränkten kantonalen Stimmrechts muss deshalb auch die Einbürgerungspraxis der Schweiz erleichtert werden, damit mehr Menschen eingebürgert und vollständig stimmberechtigt werden.
Nau.ch: Wie «DeFacto» schreibt, könnte in Basel-Stadt der Anteil Stimmberechtigter unter die 50-Prozent-Marke fallen. Ohne Stimmrecht für Ausländerinnen und Ausländer wird künftig eine Minderheit über die Mehrheit bestimmten. Erachten Sie dies als problematisch für die Demokratie?
Weibel: Ja, denn die Demokratie lebt von der politischen Partizipation der Bevölkerung. Mich besorgt schon länger, dass fast die Hälfte der stimmberechtigten Schweizerinnen und Schweizer keinen Gebrauch von ihrem demokratischen Mitbestimmungsrecht machen. Umso wichtiger ist es, den Kreis der Stimmberechtigten zu vergrössern, damit mehr politisch interessierte Menschen sich an unserer Demokratie beteiligen.
Nau.ch: Die Einführung eines Stimmrechts für Ausländerinnen und Ausländer wurde in der Vergangenheit bereits abgelehnt. Wieso sollte sich die Stimmbevölkerung jetzt für die Forderung aussprechen?
Weibel: Auch die Annahme des Frauenstimmrechts benötigte mehrere Anläufe. Seit der letzten Abstimmung in Basel-Stadt sind 14 Jahre vergangen. Ich bin optimistisch, dass das nun vorliegende, klar begrenzte Stimmrecht für Menschen mit Niederlassungsbewilligung, welches das passive Wahlrecht, also die Wahl in ein politisches Amt ausschliesst, bei der Stimmbevölkerung diesmal eine Mehrheit findet.
Zur Person: Fleur Weibel (40) ist Grossrätin der Grünen Basel-Stadt und Mitglied der Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission. Weibel ist Soziologin und arbeitet derzeit als Geschäftsleiterin des «Think Tank Gender & Diversity», einem Kooperationsprojekt der Schweizer Hochschulen. Sie lebt seit 2005 in Basel.