Tessiner Staatsrat Norman Gobbi in der Kritik nach Autounfall

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bellinzona,

Niemand verletzt – aber hat die Polizei Norman Gobbi (Lega/TI) nach seinem Autobahn-Crash mit Samthandschuhen angefasst? Immerhin ist er Polizeidirektor.

Norman Gobbi Lega Tessin
Der Tessiner Staatsrat Norman Gobbi (Lega) ist Justiz- und Polizeidirektor. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Tessiner Polizeidirektor Normann Gobbi (Lega) war in einen Autounfall verwickelt.
  • Offiziell ist alles geklärt, doch vor allem die Mitte-Partei hegt Zweifel.
  • So gibt es offene Fragen zu Gobbis Promille-Werten und zum Polizei-Protokoll.

Ein offenbar gerade noch glimpflich ausgegangener Unfall in der Nacht vom 13. auf den 14. November 2023 sorgt im Tessin nun für Schlagzeilen.

Denn wer da mit einem deutschen VW Golf bei der Autobahnraststätte Stalvedro kollidierte, war niemand geringerer als Lega-Staatsrat Norman Gobbi: Der Tessiner Polizei- und Justizdirektor. Wie «CH Media» berichtet, hat es zumindest für Vertreter der Mitte-Partei zu viele offene Fragen zum Unfallhergang.

Promille: Zuerst zu hoch, dann «in der Norm»

Gobbi erklärte gegenüber der Tageszeitung «La Regione», dass der VW unerwartet vom Pannenstreifen auf die Fahrspur gefahren sei. Ausweichen sei nicht mehr möglich gewesen. Nach dem Unfall habe er selbst die Kantonspolizei informiert und sich routinemässig einem Alkoholtest unterzogen.

Norman Gobbi Kandidat Bundesrat
Norman Gobbi war 2015 Bundesratskandidat der SVP und beantwortete Fragen von Journalisten auch noch im Bundeshaus-Lift. - keystone

Gobbi weiter: «Beim ersten Test war ich leicht über dem zulässigen Wert, beim zweiten Test, dem definitiven, in der Norm.» Niemand sei verletzt und alles gemäss Vorschriften abgewickelt worden – so seine Aussage.

Kontroverse um fehlendes Protokoll

Trotzdem wirft der Vorfall nun Fragen auf. Fiorenzo Dadò, Kantonalpräsident der Mitte-Partei, hat eine Interpellation mit dem Titel «Ein mysteriöser Unfall, handelt es sich um Amtsmissbrauch?» eingereicht. Dadò vermutet, dass die Polizei ihrem Chef entgegenkam und möglicherweise auf ein detailliertes Protokoll des Unfalls verzichtet hat.

Fiorenzo Dadò Mitte Tessin
Der Präsident der Tessiner Sektion des «Mitte»-Partei, Fiorenzo Dadò, telefoniert während den Eidgenössischen Wahlen vom 22. Oktober 2023 in Giubiasco. - keystone

Das Sonntagsblatt «Domenica» berichtet von einem «unvollständigen» Unfallbericht und der «Corriere del Ticino» spricht von einem «ohrenbetäubenden Schweigen». Die linke «Bewegung für Sozialismus» fordert Klärung: Warum beantwortet die Polizei nicht einmal generelle Fragen der Medien zum Vorgehen bei Alkoholkontrollen?

Gobbis Partei, die Lega, sieht in den Vorwürfen lediglich Versuche der Gegner einen Skandal zu konstruieren. Sie behaupten, dass dies im Vorfeld der Gemeindewahlen vom 14. April geschehe, um die Lega zu schwächen.

Tessiner Politiker notorische Verkehrssünder

Dies ist nicht das erste Mal, dass ein Tessiner Politiker wegen Verkehrsdelikten im Rampenlicht steht. Alt Ständerat Filippo Lombardi musste wegen Alkohol am Steuer sogar seinen Fahrausweis abgeben.

Auch Bundesrat Ignazio Cassis geriet schon in Konflikt mit dem Strassenverkehrsgesetz. Er musste 2009 – also noch als Nationalrat – seinen Fahrausweis für drei Monate abgeben. Auf der Autobahn bei Bellinzona war er mit 171 km/h geblitzt worden.

Ob Gobbi tatsächlich gegen Vorschriften verstossen hat oder ob es sich nur um politische Spielchen handelt: Das wird sich erst in einem Monat klären. Dann sollen in der Session des Grossen Rates die Fragen in den Vorstössen beantwortet werden. Die Öffentlichkeit muss sich also noch gedulden bis am 15. April, just einen Tag nach den Gemeindewahlen.

Kommentare

User #1950 (nicht angemeldet)

Bananenrepublik Tessin! Viele Vorkommnisse erinnen an Italien, nur, dass es im Tessin noch verdeckter zu und her geht.

User #5731 (nicht angemeldet)

Er ist unantastbar, alles unter den Teppich gekehrt. Zum Glück gab es keine Verletzte.

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