Polens Oberste Richterin erscheint trotz Zwangsruhestand zur Arbeit
Die Oberste Richterin Polens widersetzt sich der neu angeordneten Zwangspensionierung. Die umstrittene Justizreform trifft in Polen auf viele Gegenstimmen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Oberste Richterin Polens erschien am Mittwoch trotz Zwangsruhestand zur Arbeit.
- Die neue, umstrittene Justizreform setzt eine Senkung des Rentenalters in Polen fest.
Im Streit um die von Polens Regierung vorangetriebene Justizreform widersetzt sich die Oberste Richterin des Landes der angeordneten Zwangspensionierung. Malgorzata Gersdorf erschien am Mittwoch gegen 8.15 Uhr zur Arbeit, obwohl sie seit Mitternacht formell im Ruhestand sein müsste.
Im Fernsehen war zu sehen, wie sie den Obersten Gerichtshof betrat. «Meine Gegenwart hier hat nichts mit Politik zu tun. Ich bin hier, um die Rechtstaatlichkeit zu beschützen», sagte Gersdorf umgeben von Unterstützern und Oppositionspolitikern am Gerichtseingang.
Die auch von der EU kritisierte Justizreform verstösst nach Auffassung Gersdorfs gegen die Verfassung und darf daher nicht in Kraft treten. Sie hatte angekündigt, zur Arbeit zu kommen, weil sie gemäss Verfassung ihre bis 2020 laufende sechsjährige Amtszeit erfüllen müsse.
Umstrittene Justizreform
Die Reform sieht eine Senkung des Rentenalters am Obersten Gericht von 70 auf 65 Jahre vor. Neben Gersdorf sind davon noch weitere Richter betroffen, sofern ihnen Präsident Andrzej Duda nicht eine Verlängerung einräumt.
Am Dienstag hatten etwa 4000 Menschen vor dem Obersten Gerichtshof gegen die Reform protestiert. Die Opposition wirft der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) vor, demokratische Grundwerte zu unterlaufen und die Unabhängigkeit der Justiz zu beschneiden.
Die EU-Kommission hat wegen der Justizreform ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eröffnet. Die nationalkonservative Regierung Polens begründet die Reform damit, dass dadurch Richter aus dem Amt entfernt werden könnten, die noch zu kommunistischen Zeiten ernannt worden seien.