Schach matt in Jekaterinburg: WM-Kandidatenturnier gestoppt
Zuerst die Fussball-EM, dann Olympia. Nur die Schachwelt hielt trotz Corona-Pandemie weiter an ihrem Kandidatenturnier fest. Doch nun wird auch eines der letzten grossen noch laufenden Sportevents gekappt. Es war ohnehin «ein Fest während der Pest», befand ein Grossmeister.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Kandidatenturnier zur Schach-Weltmeisterschaft im russischen Jekaterinburg wird gestoppt und damit zu einer grossen Hängepartie mit ungewissem Ausgang.
Angesichts der Coronavirus-Pandemie könne man die sichere und rechtzeitige Heimreise der acht Spieler und aller Begleiter nicht gewährleisten, teilte der internationale Schachverband (Fide) mit. «Wir haben uns nun in dieser Situation dazu entschieden, das Turnier zu stoppen», sagte Fide-Chef Arkadi Dworkowitsch. Hintergrund ist die Entscheidung der russischen Regierung, wegen der Ausbreitung des Coronavirus keine Flüge ins Ausland mehr zu erlauben.
Die weiteren Runden der acht Grossmeister in der Metropole Jekaterinburg am Ural sollten zu einem späteren Zeitpunkt mit dem jetzigen Spielstand in der 8. Runde fortgesetzt werden. Wann das sein soll, war zunächst nicht bekannt. Dworkowitsch sagte der Agentur Tass, dass das Turnier zum Jahresende wieder aufgenommen werde - und wäre damit allerdings auf Kollisionskurs mit dem WM-Finale zwischen Norwegens Weltmeister Magnus Carlsen und dem siegreichen Kandidaten.
Alle Bewerber seien bislang gesund, teilte der Weltverband mit. Keiner sei positiv auf das Coronavirus getestet worden. Zur Halbzeit des Kandidatenturniers lagen der Franzose Maxime Vachier-Lagrave und der Russe Jan Nepomnjaschtschi gemeinsam in Führung. Der Topfavorit Fabiano Caruana (USA) folgt mit 3,5 Punkten, genau wie Alexander Grischtschuk (Russland), Anish Giri (Niederlande) und Wang Hao (China). Am Ende des achtköpfigen Feldes liegen Ding Liren (China) und Kirill Alexejenko (Russland).
Am Donnerstag hätte die zweite Hälfte des Turniers beginnen sollen. Der Preisfonds beträgt 500.00 Euro. Der Sieger erkämpft sich das Recht, Weltmeister Carlsen herauszufordern. Die WM sollte eiegntlich zur Weltausstellung Expo in Dubai Ende des Jahres stattfinden.
Die Entscheidung wurde von vielen positiv aufgenommen. Der russische Schachverband betonte, dass man die Spieler nicht unnötig gefährden wolle. «Das ist eine Lösung. Wir wollen kein Risiko eingehen», sagte Andrej Filatow, Präsident des Verbandes. Der Russe Grischtschuk sagte, dass die Entscheidung zwar richtig, aber viel zu spät gekommen sei: «Das hätte schon längst geschehen sollen. Nicht nur wegen der Gefahr, krank zu werden. Das Turnier ist wie ein Fest während der Pest.» Grischtschuk hatte schon zuvor den Abbruch gefordert.
Bereits vor Beginn des Kandidatenturniers verbrachte der chinesische Mitfavorit Ding Liren wegen des Coronavirus vorsorglich einige Tage in Quarantäne. Er reiste aus einem Moskauer Sanatorium an.
Die Coronavirus-Pandemie hat auch die Sport-Welt weitgehend zum Stillstand gezwungen. Die Fussball-Europameisterschaft und auch die Olympischen Spiele in Tokio wurden um ein Jahr verschoben.