Olympia 2024 – Leone: «Nachfolgerin von Christen– unglaublich!»
Das Wichtigste in Kürze
- Chiara Leone holt Gold im Dreistellungswettkampf über 50 m Luftgewehr.
- Die Aargauerin wird damit Nachfolgerin von Nina Christen.
- Nun spricht die 26-Jährige über ihren Triumph in Paris.
Olympiasiegerin in der Königsdisziplin, dem Dreistellungswettkampf! In ihren kühnsten Vorstellungen hatte es sich Chiara Leone schon oft vorgestellt. Die Spiele in Paris hatte sie oft thematisiert, hatte sie betont, welch grosser Traum für sie in Erfüllung gehen würde, beim Anlass aller Anlässe dabei sein zu dürfen.
Ende Mai war dieser Traum ganz nah. Der in Osijek in Kroatien errungene Europameistertitel war gleichbedeutend mit dem Erhalt eines Quotenplatzes für die Schweiz – und nach der Selektion durch die Verantwortlichen von Swiss Shooting und Swiss Olympic mit der Starterlaubnis für die Aargauerin selber.
Schon damals hatte die zielstrebige, ehrgeizige Athletin aus dem Fricktal ihre Ansprüche klar definiert. «Wenn ich die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Paris schaffe, denke ich, dass auch eine Medaille in Reichweite liegt.»
Sie hatte richtig gedacht. Sie liess den Worten am Donnerstag und am Freitag auf der Anlage in Châteauroux, rund 250 Kilometer südlich von Paris, (Gross-)Taten folgen. Sie war bereit, auf der wichtigsten Bühne ein weiteres Kapitel in der Erfolgsgeschichte des Schweizer Schiesssports zu schreiben.
Titel von Nina Christen verteidigt
Die 26-jährige Chiara Leone ist erst die zweite Schweizerin, die im Schiessen Olympia-Gold gewonnen hat, drei Jahre nach der Premiere durch Christen in Tokio. Insgesamt ist es das achte Gold bei Olympischen Spielen, das auf das Konto der Schweizer Schützen-Delegation geht.
In Paris hatten sie im Lager der Schützen, und mit ihnen natürlich die ganze (Sport-)Schweiz, am Montag gejubelt. Die Jurassierin Audrey Gogniat hatte mit dem Gewinn von Bronze im Wettkampf mit dem Luftgewehr über 10 m den Schweizer Medaillenbann an diesen Spielen gebrochen.
«Nachfolgerin von Nina Christen. Das tönt unglaublich», sagte die kurz nach der zu ihren Gunsten gefallenen Entscheidung um Fassung ringende Chiara Leone.
«Wenn mir jemand vor drei Jahren gesagt hätte, dass ich die Nächste sei, die Gold holt, hätte ich gedacht 'schön wärs'.»
Sie wusste zu jenem Zeitpunkt, dass es noch einiges brauchen würde für einen derartigen Erfolg, um ihre Karriere voranzubringen. «Aber was in den letzten Jahren passiert ist, ist ebenfalls unglaublich.» Aus dem «Traum» wurde in Châteauroux der «Riesentraum», der wahr wurde. Fantastisch seis, wie im Final alles aufgegangen sei.
So bereitete sich Chiara Leone auf ihren Gold-Auftritt an Olympia 2024 vor
Die neue Olympiasiegerin bereitete die beiden Wettkampf-Tage in gewohntem Rahmen vor. An den Abenden davor nahm sie sich Zeit zur Entspannung und um den Kopf frei zu kriegen. Direkt vor dem Start hörte sie Musik, die sie in Stimmung und gute Laune versetzte.
Hast du schon einmal geschossen?
Und nicht fehlen durfte das Ritual, das ihr schon so oft Glück brachte. Gewohnheitsmässig band sie sich den linken Schuh zuerst. Sonst, so glaubte sie schon immer, «funktioniere gar nichts».
In Châteauroux funktionierte alles bestens. Der Wettkampf lief für die Perfektionistin so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie hielt sich im Final von Anfang an in der Spitzengruppe.
Nach der Kniend-Position zum Auftakt führte sie das Klassement ein erstes Mal an, nach den nächsten 15 Schüssen in der Liegend-Lage nahm sie Platz 3 ein. Es war die perfekte Ausgangslage, um im abschliessenden Stehend-Schiessen, dem schwierigsten Teil des Wettkampfs, ganz an die Spitze vorzustossen.
Am Schluss wird es doch noch ein Krimi
Die Endphase war wie fast immer im Schiessen nichts für schwache Nerven. Chiara Leone wies vor dem letzten Schuss, ihrem 45. in diesem Wettkampf, einen komfortablen Vorsprung von sieben Zehnteln auf ihre einzige verbliebene Konkurrentin aus, die Qualifikationssiegerin Sagen Maddalena aus den USA. Eine Ausgangslage, die verständlicherweise auch bei der Schweizerin etwas Nervosität aufkommen liess.
Doch Chiara Leone behielt die Ruhe und vor allem die ruhige Hand. Ja, sie legte noch einen drauf: 10,8 Punkte, einen Zehntel unter dem Maximum, liess sie sich notieren.
Im Stehend-Schiessen im Besonderen spielte Leone ihre Stärken ein weiteres Mal aus. Dass sie in der dritten Disziplin das Blatt zu ihren Gunsten zu wenden vermochte, war gleichwohl keine Selbstverständlichkeit. Es sei nicht einfach gewesen, zumal es mit den Probeschüssen überhaupt nicht geklappt habe. Keinen einzigen Zehner habe sie zustande gebracht.
Doch Chiara Leone fand den Rank zur richtigen Zeit. Schuss für Schuss wurde es im Wettkampf besser – bis hin zu diesen 10,8 Punkten, nach denen sie endgültig Gewissheit hatte. Sie war Olympiasiegerin. Aus den kühnen Vorstellungen war Realität geworden.