Eishockey WM: Arroganz als neues Erfolgsrezept

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Bern,

Souverän durch die Vorrunde, dann mit hohen Erwartungen im Viertelfinal gescheitert – so sahen die letzten drei WM-Turniere der Schweizer aus. Das soll sich ändern, dank einer Portion Arroganz.

patrick fischer
Patrick Fischer ist seit Dezember 2015 Trainer der Schweizer Eishockeynationalmannschaft. - keystone

Ein klein bisschen unwohl scheint Patrick Fischer dann doch zu werden. «Vielleicht klingt das jetzt ein bisschen arrogant», gibt der Schweizer Nationalcoach, der durchaus für ein gesundes Selbstbewusstsein und klare Ansagen bekannt ist, in den Katakomben der Eishalle von Brünn zu. Was Fischer sagt, macht aber durchaus Sinn.

Es sind die Eishockey-Grossmächte wie Schweden, Finnland oder Kanada, die die Marschrichtung vorgeben. Das Überstehen der Gruppenphase ist für sie kein Ziel, sondern eine Selbstverständlichkeit. Der Fokus liegt komplett auf dem Erfolg in den K.o.-Spielen – und so soll es nun auch erstmals für die Schweiz sein.

Das heisst nicht, dass das seit Dezember 2015 von Fischer geführte Team auf einer Stufe mit den Grossmächten steht. Die Teilnahme an der Euro Hockey Tour und gerade die beiden Siege in Brünn gegen Finnland und den Gastgeber Tschechien – gegen beide zum zweiten Mal in diesem Winter – haben aber gezeigt, dass man ihnen deutlich näher gekommen und gleichzeitig die Sicherheitsmarge zu den Nationen dahinter grösser geworden ist.

Dazu gehört das dominantere Auftreten auf dem Eis. Es sind keine Abwehrschlachten mit der Hoffnung auf einen Lucky Punch, sowohl gegen Finnland als auch gegen Tschechien schossen die Schweizer deutlich öfter aufs Tor – wenn auch noch nicht mit der notwendigen Effizienz. Im letzten Jahr marschierten die Schweizer mit Schwung und Leichtigkeit durch die Vorrunde und blieben erstmals unter Fischer ungeschlagen – um dann im Viertelfinal gegen die USA mit 0:3 brutal auf den Boden der Realität zurückgeholt zu werden.

Deshalb setzte Fischer diesmal den Fokus anders – eben mit der Arroganz der Grossen. «Letztes Jahr haben wir unser Pulver etwas zu früh verschossen», stellt der 47-jährige Zuger fest. «Jetzt haben wir die gesamte Vorbereitung so geplant, dass wir in der zweiten Woche in Schuss kommen.» In die Karten spielt den Schweizern, dass sie in Riga ab Samstag erst gegen Slowenien, Norwegen und Kasachstan spielen, die nicht zu den Top Ten der Weltrangliste gehören (die Schweiz ist Siebte). «Wir wollen die Kräfte nicht zu Beginn forcieren, wenn wir nicht dazu gezwungen werden.» Es ist die Lehre aus den souverän überstandenen Vorrunden der letzten Jahre.

«Wir haben die Spieler in der Vorbereitung hart geschlaucht», verrät Fischer. Auch deshalb kamen diese erst an diesem Wochenende so richtig auf Touren. Die laschen Auftritte gegen Frankreich (2:1) und vor allem in Lettland (1:5) haben ihn zwar geärgert, er wusste sie aber im Gesamtkontext einzuordnen.

Zum neuen Selbstverständnis der Schweizer gehört, dass sie am Mittwochabend zwar mit 25 Spielern – 3 Torhütern, 8 Verteidigern und 14 Stürmern – nach Riga reisen, wohl aber das Meldekontingent zunächst nicht ausschöpfen werden. Man hofft noch auf weitere Spieler aus der NHL und glaubt, es sich leisten zu können, zu Beginn des Turniers noch nicht alle Kräfte an Bord zu haben.

Bei Denis Malgin, der die erste Angriffslinie als Center anführen soll, geht Fischer fest davon aus, dass er kommen wird. Bei Kevin Fiala wird der Entscheid der Los Angeles Kings bis kommenden Sonntag erwartet, die Teilnahme von Roman Josi ist nach seiner Hirnerschütterung höchst unwahrscheinlich. Dazu kommen potenziell Nico Hischier (Center), Jonas Siegenthaler (Verteidiger) und Akira Schmid (Goalie), die mit den New Jersey Devils in den Playoff-Viertelfinals 1:2 im Hintertreffen liegen. Deshalb werden einige der 25 nach Riga reisenden Spieler bei Turnierbeginn noch nicht gemeldet. Die Schweiz spielt dann je nachdem nur mit drei Sturmlinien oder Verteidiger-Paaren.

Die neue Arroganz – und die Erfahrungen der letzten Weltmeisterschaften – sagen, dass es gegen die kleineren Nationen auch so reichen sollte und man dann bereit sein will, erstmals seit dem Silbermedaillen-Gewinn 2018 auch wieder einmal in die Halbfinals einzuziehen. Auf dem Papier sieht die Rechnung viel versprechend aus. Die Zeit der Schweiz als Underdog soll vorbei sein.

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