In Baku wird der Regenbogen wieder zum Politikum. Ordner kassieren eine Fahne dänischer Fans ein. Die Uefa reagiert, sorgt aber damit für Verwirrung.
Ordner nehmen zwei Dänemark Fans eine Regenbogen-Fahne ab. Foto: Darko Vojinovic/Pool AP/dpa
Ordner nehmen zwei Dänemark Fans eine Regenbogen-Fahne ab. Foto: Darko Vojinovic/Pool AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Stadion-Ordner nahmen dänischen Zuschauern eine Regenbogenfahne weg.
  • Der europäische Verband Uefa hat darauf reagiert, aber auf irritierende Weise.
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Das Mitbringsel dänischer Fans als Zeichen für Toleranz und Vielfalt wurde kurz vor dem Anpfiff des Viertelfinales in Baku von grimmig schauenden Ordnern einkassiert - und löste eine erneute Debatte aus über die Rolle der Europäischen Fussball-Union Uefa, die mit einer Bemerkung zu dem Vorfall irritierte.

In einer Stellungnahme teilte der Dachverband zwar mit, das Handeln der Sicherheitskräfte zu untersuchen. Die Regenbogenflagge sei dem Fan zurückgegeben worden - und ein Symbol, das die Grundwerte der Uefa verkörpere.

Zunächst habe die Uefa aber Informationen über einen «stark betrunkenen» Fan erhalten, der Ärger mit anderen Anhängern im Stadion gehabt habe. Die Ordnungskräfte «griffen ein und liessen den Fans trotz seines Zustands bleiben». Dem widersprach der dänische Verband deutlich.

Genauer Hintergrund unklar

Es seien Mitarbeiter in der Nähe des Vorfalls gewesen, twitterte Ronnie Hansen, kaufmännischer Leiter des Verbands. Die Untersuchung der Uefa werde unterstützt. Die Ansicht des Dachverbandes über den Zustand des Fans werde aber überhaupt nicht geteilt.

Der Szene im Olympiastadion der islamisch geprägten Hauptstadt Aserbaidschans ist auf Fotos dokumentiert. Zu sehen ist, wie zwei Ordner heftig mit dem dänischen Fans diskutierten. Ein Ordner zerrte an der Fahne, diese war kurz darauf verschwunden. Der genaue Hintergrund, warum die Ordner einschritten, ist bislang unklar.

Die Uefa, die speziell in Deutschland seit Wochen wegen der Corona- und der Regenbogen-Thematik massiver Kritik ausgesetzt ist, teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit, weder die Ordner in Baku noch in anderen EM-Stadien angewiesen zu haben, Regenbogenflaggen zu konfiszieren. «Natürlich werden wir uns mit dem Uefa-Delegierten, dem Uefa-Sicherheitsbeauftragten und den lokalen Behörden in Verbindung setzen, um das zu klären», hiess es.

Fan war schockiert

In dänischen Medien sagte der Fan, der die Fahne ins Stadion gebracht hatte, dass Ordner ihm diese aus der Hand gerissen hätten. Er sei schockiert darüber gewesen. Nach dem Spiel habe er die Fahne über den Fan-Koordinator des Verbands wieder erhalten. Der dänische Nationaltrainer Kasper Hjulmand sagte nach dem 2:1-Sieg seiner Mannschaft gegen Tschechien, noch nicht genau zu wissen, was passiert sei. «Ich habe davon gehört, habe aber noch keine Details», äusserte der 49-Jährige während der Pressekonferenz. «Ich würde gerne abwarten, was die Details sind.»

Die symbolträchtigen Regenbogenfarben für Toleranz und sexuelle sowie geschlechtliche Vielfalt waren bereits in der Gruppenphase ein riesiges EM-Thema gewesen, weil die Uefa untersagt hatte, dass die Münchner Arena zum deutschen Spiel gegen Ungarn bunt strahlt. Vorausgegangen war ein Antrag der Stadt München, der auch auf den Protest gegen ein in Ungarn erlassenes Gesetz zielte, das die Informationsrechte von Jugendlichen in Hinblick auf Homosexualität und Transsexualität einschränkt.

Die Uefa verwies - allerdings auch erwartbar - auf politische Neutralität und schlug Alternativtermine für die Regenbogenbeleuchtung vor. Bislang strahlte die Arena des deutschen Rekordmeisters aber noch nicht in Regenbogenfarben, Stadt und Deutscher Fussball-Bund prüfen dem Vernehmen nach, ob sich noch ein Termin anbietet.

VW verzichtet auf bunte Banden

Uefa-Partner Volkswagen hatte wie angekündigt auf die bunte Beleuchtung der eigenen Werbebanden im Spiel verzichtet, die so zuletzt im Achtelfinale und im Viertelfinale am Freitagabend in München zu sehen gewesen waren. VW hatte am Vortag erklärt, es habe «Bedenken» der Uefa gegeben «im Hinblick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen an den Spielorten in Russland und Aserbaidschan». Das Auswärtige Amt schreibt: «Das aserbaidschanische Recht verbietet sexuelle Handlungen zwischen Personen gleichen Geschlechts nicht. Homosexualität wird gesellschaftlich jedoch kaum akzeptiert und ist mit Tabus belegt.»

Der Autobauer gab an, die Entwicklung zu bedauern. Die Uefa verwies auf die lokalen Gesetze, mit denen die Sponsorenaktionen konform sein müssten. Der Dachverband teilte zudem mit, dass Volkswagen allein im Viertelfinale an der Aktion festhalte. «Alle anderen Sponsoren haben entschieden, keine Regenbogenfarben mehr im Turnier zu verwenden», weil der «Pride-Monat» Juni vorbei sei.

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