European Super League: Das sagt Nau.ch zum wegweisenden EuGH-Urteil
Die «European Super League» nimmt wieder Fahrt auf, dank eines historischen Urteils vor dem Europäischen Gerichtshof. Das spaltet auch die Nau.ch-Redaktion.
Das Wichtigste in Kürze
- Die «European Super League» erringt vor dem EuGH einen wegweisenden Sieg.
- Das Gericht stellt klar: Uefa und Fifa dürfen die Super-League-Pläne nicht blockieren.
- Das Urteil spaltet die Gemüter – auch auf der Nau.ch-Sportredaktion.
Der Europäische Gerichtshof fällt ein wegweisendes Urteil und gibt den Initianten der «European Super League» recht: Die Uefa und Fifa haben ihre Monopolstellung ausgenutzt, ihre Blockade der Superliga-Pläne verstösst gegen EU-Recht. Damit ist – zumindest theoretisch – der Weg frei zu einer Über-Liga der weltbesten Vereine.
Bei den Fans stiessen die Pläne schon bei ihrer Enthüllung im Frühjahr 2021 auf lautstarke Ablehnung. Nun könnte der Super-League-Albtraum zur Realität werden – aber ist daran alles schlecht? Auf der Nau.ch-Sportredaktion scheiden sich die Geister.
Mathias Kainz, Sportredaktor
«Alea iacta est – der Würfel ist gefallen, der Rubikon überquert. Eines steht nach diesem richtungsweisenden Urteil so gut wie fest: Der europäische Fussball wird sich verändern, es wird kein Stein auf dem anderen bleiben. Und ich lehne mich aus dem Fenster und sage: Es ist nicht alles schlecht daran!
Ich bin bei weitem kein Freund der ‹European Super League› – ganz im Gegenteil: Vor zweieinhalb Jahren habe ich die Superliga-Pläne aufs Schärfste kritisiert, und hinter dieser Kritik stehe ich weiterhin. Hinter dem Super-League-Projekt steht reine Geldgier und einiges an ausser-europäischem Einfluss.
Aber: Das EuGH-Urteil ist ein Dämpfer für die ausser Kontrolle geratenen Gross-Verbände Uefa und Fifa. Die Infantinos und Ceferins dieser Welt haben sich in ihren jahrzehntelang gehegten Machtfantasien unantastbar, unangreifbar gefühlt. Das Urteil nimmt ihnen diese Illusion und zwingt ihnen einen handfesten ‹reality check› auf.
Vergleichbar ist dieses Fussball-Erdbeben eigentlich nur mit einem Kirchen-Schisma – mit den Super-League-Clubs als Gegenpäpsten: Fifa und Uefa müssen sich damit auseinandersetzen, wie eine Fussball-Welt aussehen soll, wenn die Reichsten plötzlich nicht mehr mitspielen. Was bleibt dann noch übrig?
Vielleicht liegt darin der grösste (und womöglich einzige) positive Aspekt in diesem historischen Urteil: Die Zwei-Klassen-Gesellschaft, die der Fussball schon seit Jahrzehnten ist, steht endgültig vor der Spaltung. Sollen doch die Reichen und Mächtigen ihre eigene Liga gründen! Vielleicht wird der Fussball für den Rest der Menschen dann wieder normaler.»
Nicola Wittwer, Sportredaktor
«Das Urteil mag den Initiatoren gefallen und sie in ihren Plänen motivieren. Und ja, dass der Uefa und Fifa die Grenzen aufgezeigt werden, muss ihnen und dem Fussball nicht nur schaden. Trotzdem: Das Projekt sollte längst begraben sein.
Das haben zehn der zwölf ‹Gründer› auch begriffen – die einen etwas früher, andere erst später. Hinter der Super League stehen nur noch Real Madrid und der FC Barcelona. Offenbar soll es aber noch andere Interessenten geben, heisst es heute.
Dennoch sollte seit dem riesigen Widerstand im Frühling 2021 eigentlich eines klar sein: Die Idee der ‹European Super League› muss beerdigt werden.
Wenn sich Fans, Experten, Ligen und auch Clubs dermassen gegen ein solches Projekt wehren, sollte das vielleicht nicht ignoriert werden. Klar, die Initiatoren werden nun versuchen, die Super-Liga bei Europas Top-Clubs wieder schmackhaft zu machen. Sie werden auch nicht locker lassen.
Aber sollte ein Club nochmal auf diesen Zug aufspringen wollen, wird dieser oder dessen Führungsriege das wohl kaum überstehen. Die Fans in ihrer Meinung so zu missachten, hätte für keinen Club positive Folgen. Und besagte Meinung ist nun mal klar: keine Super League!
Das weiss man eigentlich seit über zweieinhalb Jahren.»