Mehr Frust als Freude: Haaland-Ausfall schockt BVB
Der Einzug in die K.o.-Runde der Champions League ist geschafft. Dennoch brach beim BVB kein Jubel aus. Der Muskelfaserriss von Torjäger Haaland und die Sorge um Abwehrchef Hummels trübten die Stimmung. Setzt Trainer Favre nun verstärkt auf Jungstar Moukoko?
Das Wichtigste in Kürze
- Lucien Favre wirkte mehr besorgt als erleichtert.
Unbeschwerte Freude über den vorzeitigen Einzug von Borussia Dortmund in das Achtelfinale der Champions League empfand der Fussball-Lehrer nach dem 1:1 (1:0) gegen Lazio Rom nicht.
Die Schreckensnachricht von einem womöglich wochenlangen Ausfall des Torgaranten Erling Haaland und der Anblick von Mats Hummels, der mit schmerzverzerrter Miene und gestützt von zwei Betreuern Richtung Kabine humpelte, stimmten den Schweizer nachdenklich. Erst die nächtliche Entwarnung des Abwehrchefs dürfte Favres Laune aufgebessert haben. «Es sieht so aus, als sei es nicht allzu schlimm», verkündete Hummels via Instagram.
Die erste optimistische Prognose von Hummels nach einem Besuch im Krankenhaus schien sich am Donnerstag zu bestätigen. Selbst ein Einsatz im kommenden Spiel bei Eintracht Frankfurt am 5. Dezember (15.30 Uhr) erscheint laut Vereinsmitteilung nicht ausgeschlossen. Demnach soll darüber «kurzfristig» entschieden werden. Und auch Haaland äusserte sich in den sozialen Netzwerken zuversichtlich: «Gute Nachrichten. Habe mit meinen Ärzten gesprochen. Bald zurück», twitterte der Norweger und schürte damit Hoffnungen, dass die von Favre angekündigte lange Zwangspause doch schon vor Weihnachten zu Ende gehen könnte.
Gleichwohl fordert die Terminhatz der vergangenen Wochen beim BVB ihren Tribut. Vor allem der Muskelfaseriss von Haaland könnte den Bundesliga-Vierten im Titelrennen weiter zurückwerfen. Schliesslich gilt der Norweger mittlerweile als unverzichtbar und ist mit zehn Bundesligatreffern und sechs Toren in der Champions League der mit grossem Abstand beste Schütze der Borussia. «Das tut uns natürlich weh», klagte Sportdirektor Michael Zorc. «Wir müssen eine andere Balance finden. Es ist etwas anderes, wenn Erling vorne drin steht.»
Wie schwierig es vorerst ohne Haaland bis Weihnachten werden kann, bekamen die Dortmunder bereits gegen Rom zu spüren. Nur dank der starken Leistung von Torhüter Roman Bürki rettete das Team in der Schlussphase das Remis über die Zeit. Dass seine Mannschaft trotz der Führung durch Raphael Guerreiro (44.) den vorzeitigen Gruppensieg verpasste, war Favre unter diesen Umständen relativ egal. Mit Leidensmiene verwies er auf das Fehlen weiterer Stammkräfte wie Emre Can und Thomas Meunier. Zudem fällt Thomas Delaney (Rückenblessur) für das Frankfurt-Spiel aus. «Ich denke momentan an unsere verletzten Spieler. Der erste Platz ist nicht relevant.»
Die Verletzung von Haaland verbessert die Aussichten von Jungstar Youssoufa Moukoko auf mehr Spielanteile. Der erst 16 Jahre alte Angreifer kam nach seinem vielbeachteten Debüt vor knapp zwei Wochen in Berlin als bisher jüngster Profi der Ligahistorie bisher nur zu einem weiteren Kurzeinsatz. Erste Aussagen von Favre legen jedoch den Schluss nahe, dass er Moukoko nicht mit der Rolle als erster Haaland-Ersatz überfordern will: «Wir haben mehrere Spieler, die vorne spielen können. Brandt kann das. Auch Hazard und Reus können das. Wir werden sehen.»
Für einen weiteren Stimmungsdämpfer sorgte die fragwürdige Elfmeterentscheidung des spanischen Schiedsrichters Antonio Mateu Lahoz. Den Sturz von Gäste-Profi Sergej Milinkovic-Savic im Zweikampf mit Nico Schulz, der zu dem vom ehemaligen BVB-Profi Ciro Immobile (67.) verwandelten Elfmeter führte, wertete Favre als Schauspielerei: «Unglaublich. Das ist kein Elfmeter, das ist Theater. Er übertreibt.»
Auch Zorc sprach von einer «offensichtlichen Fehlentscheidung» und monierte, dass der Elfmeter nach Ansicht der eigentlich entlarvenden TV-Bilder nicht zurückgenommen wurde. «Der Videoschiedsrichter wird ad absurdum geführt. Er muss einschreiten. Ich weiss nicht, warum wir das Prozedere überhaupt haben.»
Immerhin können sich die Dortmunder mit dem dritten Achtelfinaleinzug in Serie und weiteren üppigen Millioneneinnahmen trösten. Auch bei Favre überwog am Ende der Pragmatismus. Der Coach erinnerte an die Medienschelte für sein Team nach dem Fehlstart in die Gruppenphase beim 1:3 in Rom und machte aus seiner Genugtuung keinen Hehl: «Vor sechs Wochen war noch Ende der Welt, jetzt sind wir qualifiziert - und Lazio noch nicht.»