Nach Aus: Nagelsmann hat keine Zeit für Königsklassen-Frust
Einen Fussball-Blues kann sich Julian Nagelsmann nach dem Aus in der Königsklasse nicht erlauben. Die Planung für den nächsten Angriff auf Europas Spitzenklasse läuft. In den PSG-Kategorien kann Leipzig nicht denken, aber ein wertvolles Puzzleteil muss noch ersetzt werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Julian Nagelsmann hat keine Zeit für Weltschmerz.
Gleich nach dem bitteren Champions-League-Aus gegen das übermächtige Paris Saint-Germain startet der Trainer von RB Leipzig die Detailarbeit für den erhofften nächsten Vorstoss in Europas Elite-Zirkel.
Auf der To-Do-Liste ganz oben steht dabei immer noch die Suche nach einem geeigneten Nachfolger für Torgarant Timo Werner. Seine gegen Neymar und Kylian Mbappé hoffnungslos unterlegenen Königsklassen-Kämpfer dürfen im Gegensatz zu ihrem Coach nach der Rückkehr mit dem Sonderflieger aus Lissabon noch ein paar Tage traurig-melancholischen Fussball-Frust schieben.
«Die Spieler werden schon ein bisschen brauchen, was völlig verständlich ist. Sie sind körperlich an die Grenze gegangen. Ich wünsche allen meinen Spielern, dass wir solche Situationen wieder und wieder erleben», sagte Trainer Nagelsmann. Er meinte damit nach der 0:3-Abfuhr natürlich nur die Erfahrung und nicht das Resultat.
Marcel Halstenberg hatte mit dem Trikot von Neymar ein nach den Corona-Regeln der UEFA zwar unerlaubtes, aber immerhin wertvolles Souvenir vom Blitzturnier der Champions League mitgebracht. Nagelsmann möchte, dass sich die positiven Erinnerungen an den im Halbfinale jäh gebremsten internationalen Erfolgskurs langfristig auf die Entwicklung seiner Mannschaft auswirken. Wie schon beim 0:3 im Pokalfinale 2019 gegen den FC Bayern München war die Lücke zum Konkurrenten zu gross.
Die Leipziger wissen seit dem frustrierenden Abend im Estádio da Luz, dass sie eigentlich noch nicht zu den Top 4 des Fussball-Kontinents gehören. Bei der Auslosung zur nächsten Königsklassen-Runde reicht es im Gegensatz zu den topgesetzten Münchnern wohl nur zu Topf 3. Schon in der Gruppenphase ab Oktober warten dann womöglich wieder PSG oder andere grosse Kaliber wie Real Madrid oder der FC Liverpool.
«Wir werden den Weg weitergehen, auch wenn wieder mal Dellen dabei sein werden. Entwicklung ist ein Prozess, der geht nicht immer in eine Richtung. Da gibt es auch mal Hürden, über die man springen muss», sagte Nagelsmann. Die nächsten Hürden heissen für RB Leipzig Zweitligist 1. FC Nürnberg am zweiten September-Wochenende im DFB-Pokal und zum Bundesliga-Auftakt eine Woche später Lieblingsgegner FSV Mainz 05. Die Fallhöhe zu Neymar und PSG ist da hoch. Doch Nagelsmann sieht ein generelles Problem auf ihn zukommen.
«Die kommende Saison wird sehr anstrengend und lang», sagte der 33-Jährige. Nur bis zum kommenden Dienstag bekommen die RB-Profis frei. Dann wird Nagelsmann allerdings schon wenige Tage später in der anstehenden Länderspielpause wieder auf seine Nationalspieler verzichten müssen. Ein sinnhaftes Einspielen für den nächsten Angriff in Bundesliga und Champions League wird kompliziert. Und eine in Lissabon erfolgreich verdrängte Frage taucht nun auch wieder auf. Wer ersetzt künftig den zum FC Chelsea abgewanderte Werner?
Auch da wurde Nagelsmann beim Blick auf das Potenzial des Gegners eine Ernüchterung nicht erspart. «Die beiden Stürmer von Paris kosten zusammen doppelt so viel wie unser gesamter Kader. Dieses Spiel kann uns nicht zeigen, was wir noch machen müssen auf dem Transfermarkt. Das ist einfach nicht drin im Portemonnaie», sagte der RB-Coach. Die Kategorie Neymar und Mbappé wird man in Leipzig nie erreichen.
Schon die Verhandlungen mit AS Rom über eine Fortsetzung der Leihe von Patrik Schick sind eine Hängepartie. Der Tscheche muss erstmal zurück nach Italien. Der Norweger Alexander Sörloth von Trabzonspor wird als Kandidat gehandelt. RB-Chef Oliver Mintzlaff, der auf dem Rückflug von Lissabon seinen 45. Geburtstag feierte, berichtete kürzlich von diversen Transfergesprächen ohne einen Namen zu nennen.
Auch der Leihvertrag mit Linksverteidiger Angelino von Manchester City muss neu verhandelt werden. Die Voraussetzungen haben sich nach dem peinlichen Aus der Engländer in der Königsklasse nicht verbessert. Auch hier hängt es am Geld.
Der Hoffnung, dass durch die sprudelnden Millionen aus der Champions League mehr möglich sein könnte, hatten Mintzlaff und Sportdirektor Markus Krösche schnell erstickt. Je nach Höhe der Corona-bedingten Prämienkürzungen durch die UEFA kann Leipzig womöglich mit insgesamt mehr als 60 Millionen Euro kalkulieren. Aber: «Mein Budget bleibt unverändert», sagte Krösche. «Wir bleiben in unseren Leitplanken», sagte Mintzlaff.