Warum Erling Haaland (19) in Österreich zum Weltstar reifen konnte
Das Wichtigste in Kürze
- Mit seinen erst 19 Jahren schlägt Erling Haaland in der Bundesliga ein wie eine Granate.
- Sein fussballerisches Handwerkszeug hat er sich in der österreichischen Liga angeeignet.
- Er ist der neueste Export-Schlager des Systems Red Bull Salzburg.
Eingewechselt, drei Tore gemacht, alle Kritiker zum Verstummen gebracht: Erling Haalands erster Arbeitstag war ein guter. Viele hatten den Wechsel des Sturm-Juwels (19) nach Dortmund mit kritischen Blicken betrachtet, an seinen Qualitäten gezweifelt. Der Sprung von der österreichischen Bundesliga in den deutschen Fussball-Olymp ist kein kleiner.
Setzt sich Erling Haaland in Deutschland durch?
Aber Haaland kommt nicht von irgendeinem Ösi-Klub, sondern von Red Bull Salzburg. Und wenn die Bullen in den letzten zehn Jahren eines bewiesen haben, dann, dass sich in Österreich Spieler entwickeln können. Zu verdanken ist das weniger dem fruchtbaren österreichischen Fussball-Boden als vielmehr dem Red-Bull-Dünger. Die Transfer-Statistik tritt den Beweis an: 19 der 20 teuersten Abgänge ins Ausland involvierten Red Bull Salzburg.
In Österreich lernt man das Fussball-ABC
Für Haalands Weg zum neuen Dortmunder Torgaranten war der Schritt in die österreichische Bundesliga entscheidend. Bei Red Bull Salzburg konnte das Sturm-Wunderkind in aller Ruhe an seinem fussballerischen Handwerkszeug feilen. Der Druck bei Salzburg war vergleichsweise gering, die Zeit zum Reifen gegeben. Und im Herbst konnte man sich erstmals auf der ganz grossen Bühne in der Champions League präsentieren.
Haalands naturgegebenen Qualitäten hat man bei Red Bull Salzburg nach besten Kräften gefördert. Aus dem langen Schlaks, der im Winter 2019 in Salzburg ankam, wurde ein 87-Kilo-Muskelpaket. Seine 1,94 Meter beschleunigt er mittlerweile auf fast 33 Stundenkilometer, dazu kommt seine Sprungkraft. Der körperlichen Grundkonstitution hat man in Salzburg den Feinschliff verliehen.
Erling Haaland unterstreicht, was man bei Red Bull vor etwa zehn Jahren begriffen hat: In Österreich lässt sich das Fussball-ABC erlernen. Nicht etwa, weil das Niveau der Liga so hoch wäre – das ist es nämlich nicht. Aber Salzburg schafft es, der gesamten Liga seinen Stempel aufzudrücken. In Österreich wird Red-Bull-Fussball gespielt.
Salzburgs taktische Ausrichtung – pfeilschneller Spielaufbau, erdrückende Präsenz gegen den Ball – ist hinlänglich bekannt. Sie ähnelt (natürlich nicht auf dem gleichen Niveau) dem Fussball der weltbesten Clubs. Für Salzburg spielen heisst, topmodernen Fussball zu verinnerlichen und sich für höheres zu empfehlen. Wie etwa Takumi Minamino, der nach fünf Jahren bei Salzburg jetzt für Liverpool auflaufen darf.
Wie Haaland in Salzburg zum Superstar wurde
Weil das Niveau in Österreich – wohlwollend gesprochen – eher gemässigt ist, haben Jungstars Zeit zu lernen. Bestes Beispiel? BVB-Neuzugang Erling Braut Haaland. Der 19-Jährige entwickelte sich in nur einem Jahr in Salzburg zum vielleicht gefragtesten Teenager der Fussball-Welt.
Das wird noch beeindruckender, wenn man bedenkt, dass Erling Haaland im ersten Halbjahr nur zweimal spielte. In dieser Saison war er in der Liga plötzlich der Torgarant schlechthin, blieb in 14 Spielen nur viermal ohne Torbeteiligung. Und acht Tore in sechs Champions-League-Auftritten sprechen ebenfalls eine klare Sprache. Die Leistungsexplosion katapultierte ihn pünktlich zum Jahresbeginn nach Dortmund.
In Salzburg – und damit in weiterer Folge in Österreich – lässt sich der moderne Fussball wunderbar erlernen. Beim Red-Bull-Club wird höchstprofessionell am Aufbau junger Talente gearbeitet. Der nationale Meistertitel ist eine nette Dreingabe, die in Wals-Siezenheim als zweitrangig angesehen wird. Die Hauptaufgabe ist klar: Talente für den Spitzenfussball vorbereiten und teuer verkaufen.
Ein klarer Weg bis an die Spitze
Spätestens seit der Etablierung von RB Leipzig in der deutschen Bundesliga ist die Route für junge Talente klar. Über den FC Liefering – Salzburgs Zweitliga-Filiale – soll der Sprung zu Salzburg gelingen. Von dort geht es ein oder zwei Jahre später weiter nach Leipzig. Red Bulls Bundesliga-Ableger dient dann als Sprungbrett für die ganz grossen Ligen – siehe Naby Keita (heute in Liverpool).
Diese klar vorgegebene Route bis an die Spitze des Weltfussballs ist für junge Talente verlockend. Das ermöglicht es Salzburg, Spieler wie eben einen Erling Haaland nach Österreich zu holen. Dort lernen sie in der Liga das Handwerkszeug, um es bis ganz nach oben zu schaffen, und alle profitieren. (Alle ausser dem österreichischen Fussball natürlich, denn österreichische Talente gehen diesen Weg selten.)
Red Bull Salzburg hat erkannt, wie man es als Club aus einem kleinen Land im heutigen Fussball zu etwas bringt. Statt abgehalfterte Stars zum Ende ihrer Karriere um teures Geld zu verpflichten, verdient man an jungen Talenten. In den letzten zehn Jahren schaute dabei ein Transfergewinn von 240 Millionen Franken heraus. Da könnten sich andere Ligen durchaus eine Scheibe abschneiden.