EM 2024 – Murat Yakin: «Wir kennen die Schwächen von England»
Nach der furiosen Viertelfinal-Qualifikation an der EM 2024 spricht Murat Yakin erstmals über Gegner England – und Krisen-Coach Gareth Southgate.
Das Wichtigste in Kürze
- Murat Yakin erzählt, worum es bei seinem Besuch bei Manuel Akanji ging.
- Der Nati-Coach will aus den bisherigen England-Auftritten keine falschen Schlüsse ziehen.
- Yakin erklärt zudem, wie er mit den Nati-Bankdrückern umgeht.
Aufatmen bei der Schweizer Nati! Medienchef Adrian Arnold sagt an der Pressekonferenz gleich vorne weg: Häuptling und Captain Granit Xhaka leide zwar unter Adduktoren-Beschwerden, «er trainiert individuell».
Aber: «Ein Einsatz ist nicht in Gefahr.»
Murat Yakin spricht dann erstmals über den anstehenden Viertelfinal an der EM 2024 gegen England.
Murat Yakin über das viele Lob von den Medien
«Wir kennen auch die Kehrseite der Medaille. Nette Worte sind immer schön zu hören. Wir spielen es aber auch gut, haben einen guten Zusammenhalt. Die Art und Weise, wie wir spielen, gibt uns Selbstvertrauen. Italien müssen wir nun aber abhaken. Es gibt neue Aufgaben vorzubereiten.»
...über Stärken und Schwächen von Gegner England
«Es ist nicht an mir, zu erklären, wie England bis jetzt gespielt hat. Die Gruppenphase ist immer schwierig zu spielen. Wir kennen die Schwächen und die Stärken von England. England hatte sicher Probleme mit defensiven Gegnern – das ist aber auch nicht einfach. Ich fokussiere mich auf mein Team. Wir sind bereit und wollen uns von der besten Seite zeigen.
England hat grosse Spieler wie Bellingham, der die Champions League gewonnen hat. Sie brauchen die KO-Phase. Aber wir haben gegen grosse Teams wie Deutschland und Italien gut gespielt. Warum sollen wir nicht auch England schlagen?»
...über die Favoriten-Rolle
«Der Wert von England ist viel grösser als jener der Schweiz. Lasst uns einfach das Spiel spielen. Wir sind in einer guten Situation, haben einen guten Spirit.»
...über sein England-Duell als Spieler
«Das war in Gruppenphase der EM 2004, wir verloren 0:3. Wir haben uns damals nicht gut verhalten. Es gab viele Nebengeräusche. Heute nicht. Das kann man nicht vergleichen, es ist 20 Jahre her. Wir haben heute eine andere Erwartungshaltung.»
Rooney oder Gascoigne? Murat Yakin sorgt für Lacher
Murat Yakin wird gefragt, an was er sich noch erinnern könne – und sorgt für Lacher. «Damals hatten sie Spieler wie Owen und Gascoigne.» Nur ersterer ist richtig, wird Murat Yakin korrigiert. «Ah, Gascoigne nicht? Ich meinte Rooney. Ich bin kein Historiker – und das ist vielleicht auch gut so», scherzt er.
...über seine Zukunft als Nati-Trainer
«Bitte respektiert unsere Situation. Es gibt keinen Grund, über meine Zukunft zu diskutieren. Das werden wir nach der EM 2024 angehen. Wir hatten gute Gespräche und werden nach der EM nach Lösungen suchen. Meine Situation ist jetzt sicherlich angenehmer als vor ein paar Monaten. Andere Angebote hatte ich nicht.»
...über den Besuch bei Manuel Akanji
«Ich müsste wohl Buch führen, wo ich überall war. Aber es ist richtig, ich war zweimal bei Manu, habe mich mit ihm auf ein Kaffee getroffen. Wir haben über seine Rolle im Club und der Nati gesprochen. Es war wichtig, dass auch er Verantwortung tragen muss. Manuel darf Granit nicht alleine lassen, was er auch nicht macht.
Ich fragte ihn auch, ob er vom Typ her Lust habe, einmal Trainer zu werden. Akanji sieht sich überhaupt nicht als Trainer. Bei Granit spürt man, dass er auch neben dem Platz Verantwortung übernimmt. Aber bei mir ist das auch erst später gekommen.»
...über Giorgio Contini
«Ich sehe ihn nicht als Assistent, sondern als Partner und Mit-Trainer. Er übernimmt eine super Rolle, wir haben identische Ideen. Für uns ist Giorgio Contini ein Glücksfall, es ist auch ein grosser Verdienst von ihm, dass es so gut läuft. Es war ein wichtiger Punkt in der Analyse, es brauchte auch im Staff Veränderung. Es war wichtig, dass ich eine Person an meiner Seite habe, der ich blind vertrauen kann. Ich dachte natürlich sofort an Giorgio.»
...über die Bank-Drücker in der Nati an der EM 2024
«Ich kann nicht in ihre Köpfe hineinsehen. Solange wir gewinnen, wird es natürlich schwierig für solche Spieler. Das ist wohl die schwierigste Aufgabe, Sie müssen bereit sein, wenn man sie braucht. Sie brauchen viel Geduld. Wir haben uns im Vorfeld Gedanken gemacht, sie müssen charakterlich gut ins Team passen. Wenn alles normal läuft, werden Torhüter Nummer 2 und 3 schliesslich nicht zum Einsatz kommen.»
...über sein goldenes Händchen
«Es gibt immer strategische und menschliche Lösungen. Einfacher gesagt: Man hat einen Plan, aber wie es die Jungs zelebrieren, ist ein Genuss. Die Jungs spielen mit grosser Freude, das macht die Differenz aus.
Man muss auch den Mut haben, zu rotieren. In der Vorbereitung haben wir gemerkt, dass wir zu linkslastig sind. So ergab sich die Lösung mit Dan Ndoye auf rechts. Man muss offen sein für flexible Lösungen.»
...über Gareth Southgate
«Ich habe viele Symphathien für Gareth Southgate. Wir haben uns schon in Meetings getroffen und verstehen uns gut. Er hat viele gute Spieler, aus denen er auswählen muss. Einige müssen also zuhause bleiben. Wenn die Resultate dann nicht stimmen, gibt das Kritik. Ich befand mich auch schon in einer ähnlichen Situation – am besten nicht zu viel Zeitung lesen.»
...über seine «Kaputt machen»-Aussage
«Es ist eigentlich nicht mein Stil, zu sagen, dass wir den Gegner kaputt machen. Aber das passierte wohl in den Emotionen, ich stand direkt vor den vielen Fans. Wir wussten, dass wir viele Räume bekommen, wenn der Gegner mit einer Viererkette kommt.»
Das Abschluss-Training zum England-Knüller findet am Freitag um 11 Uhr statt. Am Nachmittag fliegt die Delegation anschliessend von Stuttgart nach Düsseldorf.
Das grosse Spiel steigt am Samstag um 18 Uhr. Gleich nach der Partie – unabhängig vom Ausgang – wird die Nati um 23 Uhr nach Stuttgart zurückfliegen.