FC Basel: «Degen-Strategie gescheitert – nur YB kann FCZ stoppen»
Das Wichtigste in Kürze
- Der FCZ setzt sich im Klassiker gegen Basel souverän mit 4:2 durch.
- Der Effekt des Trainerwechsels ist damit am Rheinknie wirkungslos verpufft.
- YB feiert nach dem 3:1 gegen Sion Youngster Rieder und Comeback-Stürmer Meschack Elia.
- Fussball-Chefreporter Wettstein und Sportchef-Stv. Böhlen im Gespräch.
Nau.ch: Vor dem Klassiker FCZ gegen FCB rechnete man mit der grossen Aufholjagd der Bebbi. Hat euch der 4:2-Sieg der Zürcher überrascht?
Mischi Wettstein: Halt: Noch unter Patrick Rahmen hatte ich einen FCB-Sieg vorausgesagt. Doch was ich in der ersten halben Stunde nach dem Trainerwechsel sah, war richtig «gruusig»! So schwach war der FCB zuletzt unter Trainer Ciriaco Sforza. Der FCZ ist so in das Spiel gestartet, wie sich das wohl der FCB vorgenommen hatte.
Christoph Böhlen: Ich habe mich schon bei der Aufstellung über das Fehlen von Terrier Taulant Xhaka gewundert. In dieser Begegnung geht es vor allem um Mentalität und Willen – beides hat beim FCB in der ersten Halbzeit komplett gefehlt. Die Bebbi mussten froh sein, führte der FC Zürich zur Pause nicht noch höher. Vor allem die gefeierten Neuzugänge Adam Szalai und Strahinja Pavlovic enttäuschten auf der ganzen Linie.
Nau.ch: Sieht Club-Boss David Degen jetzt möglicherweise ein, dass die Basler Probleme nicht mit dem Trainer zusammenhangen?
Mischi Wettstein: Dave ging «All in» – und hat damit Stand heute die letzte Chance auf die Meisterschaft verzockt! Jeder hat gestern gesehen, dass der Trainerwechsel zum Rohrkrepierer geworden ist. Mit dem Wechsel zu Guillermo Abascal erwartete man im Letzigrund den von Degen geforderten «Vollgas-Fussball». Doch dieser kam nicht vom FCB – sondern von Breitenreiters FCZ, der das Spiel vor allem in der ersten halben Stunde komplett dominierte.
Christoph Böhlen: Bei so vielen Wechseln und Neuzugängen ist es für jeden Trainer schwierig, ein funktionierendes Team aufzubauen. Wie es aussieht, wenn eine Mannschaft gefestigt ist und auch so auftritt, zeigt der FC Zürich. Dort greift jedes Rädchen ins andere – ganz im Gegensatz zum FCB.
Wer wird Meister?
Nau.ch: Weil David Degen den FCB von Vorgänger Bernhard Burgener «befreit» hat, war die Stimmung am Rheinknie lange gut. Kippt diese jetzt mehr und mehr?
Mischi Wettstein: Wenn man «All in» geht und es nicht fruchtet, ist es normal, dass die Stimmung gereizt wird. Der hochgelobte Trainer Guillermo Abascal hat in Spiel 1 versagt – dabei ging es um sehr viel. Doch seine Spieler waren beim Anpfiff nicht bereit. Der Stern des angeblichen neuen spanischen Fussball-Messias verglüht schon nach den ersten 90 Minuten. Dass seine Zeit spätestens im Sommer vorbei ist, ist wohl klar! Ajax-Assistent Mitchell van der Gaag soll laut niederländischen Medien ein Thema am Rheinknie sein. Doch bis der neue Trainer fix ist, fliesst noch viel Wasser den Rhein runter.
Christoph Böhlen: Dass sich Nati-Captain Granit Xhaka nach dem Spiel derart negativ über den Club äussert, sorgt sicher nicht für Ruhe. Schliesslich hoffen viele Fans seit Jahren, dass er oder auch Xherdan Shaqiri eines Tages wieder für Rotblau auflaufen werden. Schliesslich sind es aktuell die Routiniers wie Heinz Lindner oder Valentin Stocker, die noch einigermassen überzeugen können – und nicht die Horde an jungen Talenten aus der ganzen Welt.
Nau.ch: Wenden wir uns wieder dem Spieltag zu: Am Samstag gewinnt YB zuhause gegen Sion mit 3:1. Besteht das Meisterrennen jetzt noch aus zwei Teams?
Mischi Wettstein: Geglänzt haben die Berner gegen die Walliser noch nicht. Aber YB erfüllt seine Aufgabe, zudem kommen mehr Spieler aus dem Lazarett zurück. Das schürt Hoffnungen – der Mist ist noch nicht geführt! Ich traue YB zu, dass sie den Rückstand auf den FCZ verringern können und es zu einem engen Finish um den Titel kommt.
Christoph Böhlen: Bei YB gilt nach den dummen Punktverlusten gegen den FCSG und GC: Verlieren verboten! Der Dreier gegen Sion war noch keine Offenbarung, aber sehr wichtig für die Stimmung. Mit Meschack Elia kehrt ein wichtiges Element in die YB-Offensive zurück. Und: Fabian Rieder (20) zeigt gegen die Walliser eindrücklich, weshalb er das grösste Talent im Team von David Wagner ist.
Nau.ch: Was gibt es zum Spieltag 23 sonst noch festzuhalten?
Mischi Wettstein: Ein grosses Lob geht in die Ostschweiz. Der FCSG hat sich im Winter gut verstärkt, gewinnt in diesem Jahr bisher fünf von sechs Spielen. Und das 3:3 nach 0:3-Rückstand gegen YB ist auch ein gefühlter Sieg. Gegen GC gelingt dem Team von Peter Zeidler ein tadelloser Auftritt – auch ohne Teamleader Lukas Görtler, Jordi Quintillà und Basil Stillhart. Das wird nicht einfach für den FCB im Heimspiel am Donnerstag. Ich bin gespannt, ob FCB-Trainer Abascal diesmal das richtige Rezept für den «Vollgas-Fussball» findet.
Christoph Böhlen: Mit der 1:2-Heimniederlage von Lausanne gegen Luzern ist das Abstiegs-Schicksal wohl besiegelt. Auch der Trainerwechsel hat im Waadtland nichts gebracht, die Stimmung ist im Keller. Jetzt drehen sogar die Fans komplett durch und sorgen mit einem Pyro-Wurf auf FCL-Goalie Marius Müller für einen Spiel-Unterbruch. Das erinnert an den GC-Abstieg 2019 – und geht gar nicht!
Nau.ch: Es wartet eine englische Woche auf die Teams. Was ist in den nächsten sieben Tagen zu erwarten?
Mischi Wettstein: Auf den FCZ wartet am Mittwoch mit dem FCL ein schwieriger Gegner. Die Luzerner sind im Aufwind, haben sich im Duell mit Absteiger Lausanne neuen Schwung geholt. Und nach dem Spiel in der Innerschweiz muss der Tabellenführer am Samstag bei Absteiger Lausanne ran, wo man drei Punkte erwarten darf.
Christoph Böhlen: YB muss am Dienstag bei Servette gewinnen. Die Genfer sind in den letzten Jahren zum Berner Angstgegner geworden, gewannen im Dezember sogar mit 2:1 in Bern. Doch an das letzte Auswärtsspiel in Genf hat YB gute Erinnerungen: Im Oktober feiert das Wagner-Team dort ein 6:0! Ein ganz schwieriges Heimspiel wartet auf den angeschlagenen FCB. Ich bin mir ziemlich sicher, dass der FC St.Gallen auch nach dieser Partie ungeschlagen ist.