Ehemalige Judoka beschert Niederlande WM-Finale gegen USA
Jackie Groenen spielt seit langem in der Bundesliga und schiesst die Niederlande gegen Schweden ins WM-Finale. Das Spiel gegen die USA wird ein Highlight für die ehemalige Judo-Kämpferin und ihr Team. «Da ist alles möglich», sagt Trainerin Wiegmann.
Das Wichtigste in Kürze
- Lineth Beerensteyn schüttelte immer wieder den Kopf und verdrehte ungläubig die Augen.
«Das ist immer noch krass. Wir stehen einfach im Finale. Mein Gott. Jesus!»
Die 22 Jahre alte Angreiferin vom Bundesligisten Bayern München war auch lange nach dem 1:0-Halbfinalsieg der Niederlande gegen Schweden fassungslos, dass der Traum vom WM-Finale Realität geworden war. Zu verdanken haben die Europameisterinnen von 2017 das kleine Fussball-Wunder Jackie Groenen, die bis vor wenigen Tagen noch beim 1. FFC Frankfurt unter Vertrag stand und sich zur anstehenden Saison dem englischen Topclub Manchester United anschliesst.
Nach eher mässiger torloser Regel-Spielzeit im Stade de Lyon ging es am Mittwochabend in die Verlängerung. In der 99. Minute nahm die 24 Jahre alte Mittelfeldspielerin ihren ganzen Mut zusammen und schoss ihr Team mit einem strammen 20-Meter-Flachschuss ins WM-Finale. Am Sonntag (17.00 Uhr/ARD) fordern die Oranjeleeuwinnen Titelverteidiger und Rekord-Weltmeister USA heraus. Den Schwedinnen, die zuvor die DFB-Elf nach Hause geschickt hatte, bleibt nur das Spiel um Platz drei gegen England als Trost.
«Ich habe kurz ein Loch gesehen und mich daran erinnert, dass die Mädels mir immer sagen, ich soll öfter schiessen. Und dann habe ich den Schuss genommen», erklärte Groenen in fliessendem Deutsch ihren Glücksmoment vor 48 452 Zuschauern im Stade de Lyon und Millionen Fans vor dem Fernseher daheim.
Dabei hätte Groenen beinahe eine Karriere als Judoka gemacht. Als Jugendliche gewann sie in den Niederlanden einige nationale Titel. Bei den Nachwuchs-Europameisterschaften 2010 im tschechischen Teplice holte Groenen bei den unter 17-Jährigen sogar die Bronzemedaille in der Klasse bis 40 Kilogramm. Noch im Februar 2011 wurde sie in der Gewichtsklasse bis 44 kg niederländische U20-Meisterin. Kurz zuvor hatte sie gemeinsam mit ihrer Schwester Merel beim Fussball-Bundesligisten SGS Essen angeheuert. Nun legte sie die Schwedinnen aufs Kreuz.
Ihr halbes Fussballerinnen-Leben verbrachte die in Tilburg geborene Groenen in Deutschland. Nach einem Jahr in Essen schloss sie sich für drei Jahre dem Bundesliga-Rivalen FCR Duisburg (später MSV Duisburg) an, löste ihren Vertrag aber im Januar 2014 vorzeitig.
Nach einem anderthalbjährigen Intermezzo beim FC Chelsea in London landete sie im Sommer 2015 beim 1. FFC Frankfurt, der gerade zum vierten Mal die Champions League gewonnen hatte. Zudem studierte sie an der Universität Tilburg Jura. Sogar ein Kinderbuch über ihre fussballerischen Anfänge hat sie geschrieben. Vor Jahren beantragte das Multitalent die belgische Staatsangehörigkeit, um für das Nachbarland zu spielen, verwarf den Plan später aber wieder. Zur Freude aller niederländischen Frauenfussball-Fans.
Auch für Trainerin Sarina Wiegman, die in den Niederlanden nicht unumstritten ist - und sich mit ihrem Team erst über die Playoffs gegen die damals noch von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg betreute Schweiz für das Turnier in Frankreich qualifizierte -, ist das Finale zwei Jahre nach dem Sieg bei der Heim-EM ein weiteres Highlight. «Ein Traum wird wahr», sagte Wiegman. «Gegen die USA wird es natürlich schwierig. Aber es ist nur ein Spiel, da ist alles möglich.»