Fussball-Talk: «Nati nach Grottenkick gefordert – GC gewinnt Derby»

Nau.ch: Die Nati kassiert in der Nations League im dritten Spiel die dritte Niederlage. Eure Worte zum 0:2 in Serbien?

Mischi Wettstein: Ich habe noch nie so viele Nachrichten während eines Spiels erhalten, in denen sich Leute über die Nati-Leistung geärgert haben. Ich bin ja immer Pro-Nati, so gut es geht. Aber diesen Grottenkick kann auch ich mir nicht mehr schönreden. Darum erwarte ich am Dienstag vor heimischem Publikum gegen die Dänen einen Sieg!

Christoph Böhlen: Ich gebe dir insofern recht, als dass es sicher kein gutes Spiel war. Aber ich habe auch nicht erwartet, dass die Nati in der Nations League ähnlich gut auftrumpft, wie an der EM in Deutschland. Ich will nicht sagen, dass diese Partien Pflichtaufgaben sind – aber das ganz grosse Feuer brennt bei den wenigsten Teams. Auch EM-Finalist England hat am Freitag gegen die Griechen verloren …

Auffallend: In der Regel sind zwischen der Nati und Serbien immer viele Emotionen im Spiel – aber das war an Endrunden! Davon war am Samstag nichts zu sehen.

Nau.ch: Mischi, du hast es bereits erwähnt: Morgen wartet das Spiel in St. Gallen gegen Dänemark. Im schlimmsten Fall kann die Nati vorzeitig absteigen. Habt ihr Bammel?

Mischi Wettstein: Ich bin mir sicher, dass die Nati nach dem Auftritt letzten Samstag gegen die Dänen gewinnt und den vorzeitigen Abstieg abwehrt. Dann schauen wir weiter, nehmen Schritt für Schritt.

Christoph Böhlen: Ketzerische Frage: Und wenn wir absteigen? Die Nations League ist für mich nicht viel wertvoller als normale Testspiele. Klar können die Resultate einen Einfluss auf die WM-Quali-Auslosung haben. Aber dort geht es dann wieder wirklich um etwas.

Ob wir jetzt in der Nations League gegen Dänemark und Serbien oder in der Liga B gegen England und Slowenien spielen, ist mir persönlich nicht so wichtig …

Nau.ch: Verlassen wir die Nati und wenden uns dem Aufreger der letzten Woche zu: YB zieht die Reissleine und entlässt Patrick Rahmen. Das habt ihr im letzten Fussball-Talk schon vermutet.

Mischi Wettstein: Es war mir schon am Sonntagabend völlig klar, dass die Geschichte gegessen ist. Ob es richtig oder falsch ist, werden wir in den nächsten Wochen sehen. Wenn Joël Magnin in den nächsten neun Liga-Spielen 18 Punkte holt, kann man den Wechsel rein sportlich rechtfertigen.

Persönlich finde ich den Entscheid zum Trainerwechsel fragwürdig. Die sportliche Führung bei YB weiss selber, dass bei der Kaderplanung einiges schiefgelaufen ist. Der letzte Tabellenplatz unterstreicht das deutlich.

Christoph Böhlen: Sportlich kann ich den Entscheid nachvollziehen. YB ist in der Liga in einer Negativspirale gefangen, vor allem die Heimspiele waren zuletzt unter aller Sau. Irgendetwas musste man ändern. Und wie so oft ist der Trainer das schwächste Glied in der Kette.

Mischi Wettstein: YB war in den letzten Jahren vom Erfolg verwöhnt und ist jetzt davon geblendet – dann passieren Fehler. Nur Krise kennen die Berner ja gar nicht, deswegen sind sie wohl etwas überfordert. Rahmen ist das klassische Bauernopfer!

Christoph Böhlen: Es wird darum gehen, dass man bei YB wieder die einfachen Dinge richtig macht. Joël Magnin wird vor allem auf Disziplin und harte Arbeit setzen, damit sich alle voll und ganz auf die kommenden Spiele konzentrieren können. Wer nicht mitzieht, wird schnell ausser Rang und Traktanden fallen. Trotzdem: Im Winter müssen die Berner unbedingt nachbessern, ein Sechser muss her!

Nau.ch: Am Samstag empfängt der Meister als Schlusslicht den Leader aus Luzern. Bringt das Spiel bereits die Trendwende?

Mischi Wettstein: Meistens zeigen Teams nach einem Trainerwechsel eine Reaktion. FCL-Stürmer Lars Villiger hat es im Nau.ch-Interview gesagt: «Wir hätten lieber gegen das Rahmen-YB gespielt.» Denn darauf hatte man sich vorbereitet. Trainer Mario Frick war beim letzten Spiel der Berner in Basel im Joggeli. Jetzt muss er sich auf etwas Neues einstellen. Das wird ein spannendes Spiel.

Christoph Böhlen: Als Magnin Anfang Jahr für Wicky übernommen hat, schoss YB den FCB gleich mit 5:1 aus dem Stadion. Ich rechne am Samstag mit einer ähnlichen Reaktion, der FCL wird im ausverkauften Wankdorf keine Punkte holen. Aber ob das der Grundstein für eine Aufholjagd sein wird? Das Programm in den nächsten Wochen ist äusserst happig.

Nau.ch: Zeitgleich mit dem Spiel YB-FCL steigt am Samstag das Zürcher Derby. Euer Ausblick?

Christoph Böhlen: Ich setze mein Geld am Samstag auf GC! Die Hoppers haben vielleicht Mühe in Spielen, in denen sie der Favorit sind. Aber als Underdog ist das Schällibaum-Team brandgefährlich. Der FCZ wird wohl deutlich dominieren, aber die Grasshoppers werden mit Kontern zuschlagen und das Derby gewinnen.

Mischi Wettstein: Okay, du ärgerst mich schon zum Wochenstart! Ich halte dagegen: Der FCZ siegt, weil sie die bessere Offensive haben.

Nau.ch: Das Highlight am Sonntag ist die Partie FCB gegen den FCSG!

Mischi Wettstein: Dieses Spiel ist völlig offen. Der FCB hat beim Sieg über YB nicht überzeugt. Und auch der Saisonverlauf der Ostschweizer erinnert an eine Achterbahn: Vor dem 1:1 gegen Servette kassierte das Maassen-Team eine Klatsche gegen Cercle Brügge. Darum wird am Sonntag die Tagesform entscheiden, es gewinnt das Team, das den Sieg mehr will.

Christoph Böhlen: Danke, Mischi: Da werden gleich zwei Fünfliber für das Phrasenschwein fällig! Abgesehen davon, sehe ich das anders: Der FCB wird zu Hause nichts anbrennen lassen und die drei Punkte einfahren. Der FCSG ist auswärts deutlich anfälliger als zu Hause.

Nau.ch: Was ist euch sonst noch aufgefallen?

Mischi Wettstein: Herzlichen Glückwunsch an den FC Aarau! Sie haben am Samstag ihr Kultstadion gefeiert: 100 Jahre Brügglifeld! Seit 25 Jahren höre ich, dass ein neues Stadion kommt, bin gespannt – ob es jemals gebaut wird?

Christoph Böhlen: Ich habe zwar gesagt, dass mich die Nations League nicht gross interessiert. Aber heute werde ich den TV trotzdem einschalten: Deutschland trifft auf die Niederlande. Und DFB-Coach Nagelsmann kündigt an, mit dem Zentrum Pavlovic und Stiller aufzulaufen – Jugend forscht!