Bei YB wackelt nach dem 0:1 in Basel der Trainerstuhl. Und die Nati trifft in der Nations League auf Serbien und Dänemark. Willkommen beim Fussball-Talk.
Fussball-Talk
YB-Trainer Patrick Rahmen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der FCB schlägt YB nach langer Überzahl im Joggeli mit 1:0.
  • YB-Coach Patrick Rahmen dürfte kaum zu retten sein.
  • GC kann den Schwung nicht mitnehmen und verliert in Winterthur.
  • Sportchef Christoph Böhlen und Fussball-Chefreporter Mischi Wettstein im Gespräch.
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Nau.ch: Die nächste Niederlage für YB, beim FCB unterliegt man mit 0:1. War es das für Patrick Rahmen?

Mischi Wettstein: Die Fakten, die Tabelle und die Punkteausbeute sprechen natürlich eine klare Sprache. Menschen suchen zudem immer gerne ein Opfer – das schwächste Glied ist immer der Trainer. Aber es gibt ja auch andere Beispiele, die zeigen, dass man in einer Krise an jemanden glauben kann. Warum gibt man ihm nicht noch zwei Wochen Zeit und die Chance, mit einem Heimsieg gegen Luzern eine Serie zu starten?

YB
YB verliert auch beim FC Basel - keystone

Trotzdem sagt mir mein Gefühl: Als Tabellenletzter in die Nati-Pause zu gehen, ist schwierig. Aus Sicht der Club-Führung hätte man jetzt Zeit, einen neuen Weg zu gehen. Aber vielleicht tut man sich bei einem sympathischen Typen wie Rahmen eher schwer. Würde man «Päti» schicken, wäre dies auch ein Eingeständnis, dass man in der Kaderplanung grosse Fehler gemacht hat.

Christoph Böhlen: Sympathischer Typ ja, aber sind wir ehrlich: Patrick Rahmen ist als YB-Trainer kaum zu retten. Auch wenn er nicht schuld an der mangelhaften Kaderzusammenstellung ist: Die Resultate sind schlecht, vor allem in den Heimspielen enttäuscht YB, wie seit Jahren nicht mehr.

Und nach vier Platzverweisen in dieser Saison stelle ich auch die Disziplin-Frage. Vielleicht ist «Päti» zu nett und das YB-Kader braucht einen General wie Adi Hütter an der Seitenlinie.

Haben Sie Angst um Ihren Job, Patrick Rahmen? - Nau.ch

Nau.ch: Dabei war der Auftritt von YB in Basel bis zur Roten Karte doch gut?

Mischi Wettstein: Ansprechend ja – aber gut war er nicht, sonst hätte YB geführt. Wenn ich an die Chancen von Ugrinic und Hadjam denke… Da darf auch mal einer reingehen. Und dann kam der Lauper-Moment. Wir kritisieren ja öfter mal die Schiris und den VAR – aber hier lag man beide Male richtig: kein Penalty und Rot.

Christoph Böhlen: Ich bin überzeugt: Mit 11 gegen 11 gewinnt YB dieses Spiel, das Tor wäre noch gefallen. Aber mit seinem Platzverweis erweist Lauper dem Team einen Bärendienst. Zumal man beim aktuellen YB-Team weiss: So einen Rückschlag steckt es kaum weg.

Mischi Wettstein: Hätte, hätte, Fahrradkette – das sind fünf Euro für das Phrasenschwein. Wir wissen nicht, wie das Spiel 11:11 ausgegangen wäre. Ich möchte aber schon betonen: Einige Herren spielen derzeit einen richtigen Stiefel zusammen. Was zum Beispiel Joel Monteiro für Formschwankungen hat, das ist unglaublich. Gegen Winti macht er drei Tore, gestern hat er kaum eine Aktion und steht beim Gegentor zu weit weg von Torschütze Barisic.

YB
Joel Monteiro (rechts) kommt beim 1:0 der Basler zu spät - keystone

Überhaupt: Hinten ist bei YB jeder für einen Bock gut. Man hätte Camara auch mal draussen lassen können, damit er sich Gedanken über seine Leistungen macht. Das Foul vor dem 0:1 begeht nämlich er. Und bei der Grätsche gegen Schmid hat er Glück, fliegt er nicht vom Platz. Der Mann muss über die Bücher. Zudem läuft bei YB vorne wenig und das Mittelfeld ist ein dünnes Süppchen.

Christoph Böhlen: Da bin ich anderer Meinung. Im Mittelfeld fand ich YB bei personellem Gleichstand besser. Zudem ist Kastriot Imeri endlich wieder auf dem aufsteigenden Ast, er belebt das Offensivspiel. Dieses ist aber ansonsten sehr dürftig, es ist sinnbildlich, ist Verteidiger Hadjam der auffälligste Akteur…

Und bei Ali Camara ist es auch eine Frage der Alternativen. Er ist ein verdienter Spieler, hat seine Qualitäten mehr als genug gezeigt. Eine Pause würde ihm vielleicht guttun, aber dazu müssten Benito und Pfeifer fit sein. Ihn gestern auf die Bank zu setzen, hätte wenig Sinn gemacht.

YB
Filip Ugrinic hat in der ersten Halbzeit eine gute Chance. - keystone

Mischi Wettstein: Einen muss ich dir noch mitgeben: Als YB Fan ist es für dich ja einfach: Ihr seid immer noch Erster – solange man die Tabelle dreht.

Nau.ch: Ist der 1:0-Sieg für den FCB jetzt der Befreiungsschlag?

Mischi Wettstein: Nein, den habe ich nicht gesehen. Dafür hätte man den Meister mit zwei, drei Toren aus dem Stadion schiessen müssen. Aber wenn man in Überzahl bis zum Schluss zittern muss, ist das keine Befreiung. Der FCB hat mich in diesem Spiel nicht wirklich überzeugt.

Christoph Böhlen: Bei 11 gegen 11 kam von den Bebbi wenig, in Überzahl hatten sie mehr Ballbesitz. Aber der schiesst eben keine Tore. Rotblau ist seit dem Abgang von Thierno Barry im Angriff harmlos. Traoré ist zwar bemüht, aber ohne seinen Sturmpartner läuft es ihm nicht. Trotz der vielen Millionen: Der Barry-Abgang scheint dem Team nachhaltig zu schaden.

YB
Gegen YB gelingt FCB-Rückkehrer Shaqiri der erste Assist. - keystone

Mischi Wettstein: Halt, jetzt musst du nicht alles schlechtreden. Es war zum Beispiel die beste Leistung von Xherdan Shaqiri, vor allem seine stehenden Bälle und seine gute Übersicht waren top. Das darf man auch mal erwähnen.

Schade, dass sich Dominik Schmid beim harten Einsteigen von YB-Camara verletzt. Hoffen wir mal, dass er nicht länger ausfällt. Gute Besserung an dieser Stelle!

Nau.ch: Blicken wir auf den Spitzenkampf, der FCZ und Lugano trennen sich 1:1.

Mischi Wettstein: Der einzige Trost für YB, ist derzeit die Konkurrenz. Nach neun Runden nutzt keiner die Gunst der Stunde und zieht davon! Hätte das ein Club gemacht, wäre für die Berner der Titel weiter weg als der Mond. So ist bei einer guten Serie immer noch alles drin, es sind «nur» zwölf Punkte, der Meisterzug noch nicht ausser Sichtweite.

Christoph Böhlen: Punktemässig magst du recht haben, aber leistungsmässig ist es natürlich eine utopische Theorie. Auf dem Platz ist der Titel für YB derzeit deutlich weiter weg, als der Mond…

Mischi Wettstein
Mischi Wettstein ist Fussball-Chefreporter bei Nau.ch. - Nau.ch

Mischi Wettstein: Aber jetzt zum FCZ: Ich habe das Spiel am TV aufmerksam verfolgt. Für die Zürcher ist es eher ein schmeichelhafter Punkt, Lugano war das bessere Team. Aber die Tessiner müssten halt einfach auch mehr Siege einfahren.

Sie haben schon zuvor Punkte gegen Luzern, Sion oder den FCSG verschenkt. Eigentlich müsste Lugano mindestens fünf Punkte mehr aufweisen und der klare Leader sein.

Nau.ch: Das dritte Team aus dem Leader-Trio beweist Moral: Der FCL holt zuhause ein 0:2 gegen Lausanne aus.

Mischi Wettstein: Wenn nach diesem Start schon die Luzerner Lokalzeitung vom Titel schreibt… Da war mir klar, dass es gegen Lausanne nicht zum Sieg reicht. Positiv: Der FCL hat Moral bewiesen, aber Lausanne war die bessere Mannschaft.

Ludovic Magnin lässt einen attraktiven Fussball spielen, das gefällt mir. Er hat auch ein paar geile Kicker in seinem Team. Aber dafür fehlen ihm ein paar Punkte, die würde ich Ludo wünschen!

FC Luzern
Der FC Luzern gleicht gegen Lausanne in der Schlussphase zum 2:2 aus. - keystone

Christoph Böhlen: Dass der FCL in diesem Spiel einen Punkt holt, grenzt an ein Wunder! Der verschossene Penalty von Stürmer Villiger war ein Sinnbild, das Team zog keinen guten Abend ein.

Wären die Waadtländer nicht so verschwenderisch mit ihren Chancen umgegangen, hätte es auch eine Packung geben können. Aber so ist es eben: Wenn es läuft und du Selbstvertrauen hast, punktest du auch in solchen Spielen.

Nau.ch: GC kann den Schwung aus dem Sieg in Bern nicht mitnehmen und verliert in Winterthur mit 0:1. Eure Meinung zum Kantonsderby?

Mischi Wettstein: Also die zweite Halbzeit auf der Schützenwiese war etwas vom Übelsten, was ich in den letzten Jahren in einem Stadion gesehen habe. Hätte ich das Spiel vor dem TV geschaut, hätte ich sicher umgeschaltet. Grottenkick, ereignisarm – ein kalter Abend zum Vergessen.

GC-Trainer Marco Schällibaum ist sichtlich enttäuscht über die Pleite im Derby gegen den FC Winterthur. - Nau.ch

Christoph Böhlen: Mir tut Trainer Marco Schällibaum leid: Die erste Halbzeit war ganz okay, aber wenn du solche Chancen nicht machst, wie die von Ndenge, dann gewinnst du nicht. Und das Abwehrverhalten vor dem 0:1 spottet jeder Beschreibung. Es ist ein Rückschlag für GC –und zeigt eben auch, dass das Team noch nicht stabil ist.

Nau.ch: Der Spielbetrieb ruht jetzt, es folgt die Nati-Pause mit den Partien gegen Serbien und Dänemark. Euer Ausblick?

Mischi Wettstein: Die Vorlage ist für mich klar: Ich erwarte sechs Punkte von der Nati. Das darf man nach dem Fehlstart in die Nations League so fordern. Murat Yakin wird sein Team für die beiden Aufgaben richtig einstellen.

Christoph Böhlen: Das Spiel gegen Serbien dürfte wieder emotional ausfallen, sportlich sehe ich das Yakin-Team aber im Vorteil. Gespannt bin ich aber vor allem auf die Revanche gegen die Dänen.

In Kopenhagen ging es ja zuletzt ordentlich zur Sache – und das Publikum in St.Gallen ist ja nicht gerade für einen tiefen Ruhepuls bekannt.

Gewinnt die Nati gegen Serbien?

Nau.ch: Was ist euch sonst noch aufgefallen?

Mischi Wettstein: Die Nomination von FCSG-Spieler Christian Witzig finde ich eine gute Idee von Murat Yakin. Christian hat sich dieses Aufgebot verdient.

Christoph Böhlen: Blicken wir doch rasch in die Bundesliga: Peter Zeidler wartet mit Bochum weiterhin auf den ersten Sieg. Ich bin gespannt, ob man am Ex-FCSG-Trainer über die Nati-Pause hinaus festhält.

Mischi Wettstein: YB und der VfL könnten ja die Trainer tauschen, vielleicht wäre das das Ei des Columbus... Ich frage mal bei Bochum-Chef Ilja Kaenzig nach, was er zu meiner Idee meint.

Christoph Böhlen
Christoph Böhlen ist Sportchef bei Nau.ch. - Nau.ch
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