Gianni Infantino: «Fifa war eine durch Korruption vergiftete Firma»
Gegen Gianni Infantino läuft ein Strafverfahren wegen möglicher Anstiftung zum Amtsmissbrauch. Jetzt erklärt der Fifa-Präsi die Treffen mit Bundesanwalt Lauber.
Das Wichtigste in Kürze
- Gianni Infantino geriet in die Kritik, nachdem er sich mit Bundesanwalt Lauber traf.
- Die Treffen wurden nicht protokolliert – ein Strafverfahren wurde eröffnet.
- Nun erklärt der Schweizer Fifa-Boss, wie es soweit kommen konnte.
Gianni Infantino wurde 2016 zum Fifa-Präsident gewählt. Kurz darauf traf er sich innerhalb eines Jahres dreimal mit Bundesanwalt Michael Michael Lauber. Die Treffen wurden jedoch nicht protokolliert.
Der ausserordentliche Staatsanwalt des Bundes, Stefan Keller, eröffnete darauf am 30. Juli ein Strafverfahren gegen Infantino. Anklagepunkt: mögliche Anstiftung zum Amtsmissbrauch.
Nun bricht der Walliser im Interview mit dem «Blick» sein Schweigen. «Es war bislang schwierig, etwas dazu zu sagen. Denn drei Monate nach der Verfahrenseröffnung weiss ich noch immer nicht genau, was man mir vorwirft. Man warf mich der Weltöffentlichkeit zum Frass vor, ohne zu sagen, was ich falsch gemacht haben soll.»
Gianni Infantino: Darum traf ich Bundesanwalt Lauber
Doch warum traf sich Infantino überhaupt mit Michael Lauber? «Es liefen rund 20 Verfahren gegen Fifa-Funktionäre in der Schweiz, nochmals so viele in den USA. Es war eine Sekunde vor zwölf. Dann hätten die amerikanischen Behörden die Fifa als kriminelle Organisation eingestuft und den Laden dichtgemacht.»
In dieser schwierigen Situation sei er zum Fifa-Präsidenten gewählt worden, erklärt Infantino dem Blick weiter. «Ich wurde Chef einer durch Korruption vergifteten Firma. Es war meine Pflicht, den Kontakt zum Bundesanwalt zu suchen, um zwei Dinge zu signalisieren. Zum einen, dass wir aufräumen, Reformen durchziehen und Geldflüsse transparent machen, damit sich die Dinge von früher nicht wiederholen.»
Und weiter: «Zudem wollte ich Michael Lauber mitteilen: ‹Herr Bundesanwalt, bei der neuen Fifa sind nicht nur die Türen, sondern auch die Fenster offen.› Ich wollte ihm sagen, dass ich als neuer Präsident mit der Bundesanwaltschaft kooperieren werde.»
Warum wurden Treffen nicht protokolliert?
Gianni Infantino kann nicht erklären, warum die Besprechungen nicht protokolliert wurden. «Das müssen Sie nicht mich fragen – ich stelle mir diese Frage nicht. Ich bin immerhin zum obersten Staatsanwalt der Schweiz gegangen. Das war für mich eine Garantie, dass alles korrekt abläuft.»
Der Fifa-Präsident wurde kritisiert, weil er sich angeblich nicht an alle Treffen mit Bundesanwalt Lauber erinnern konnte.
«Diese Treffen fanden vor vier Jahren statt. Wenn sie mich fragen, was ich vor einem Monat zu Mittag ass, kann ich das auch nicht mehr spontan sagen. Ich weiss nur, dass ich nichts Illegales gemacht habe.»
Gianni Infantino: «Ich übernahm einen Scherbenhaufen»
Trotzdem bleibt ein weiterer grosser Image-Schaden auf der Fifa haften. «Es muss jetzt so schnell wie möglich alles aufgeklärt werden.» Vieles sei bereits besser geworden. «Als ich das Präsidenten-Amt 2016 übernahm, war die Fifa ein Scherbenhaufen.»
So verfüge man zurzeit rund 2,7 Milliarden Franken Reserven. Bei seinem Amtsantritt sei es noch eine Milliarde gewesen.
«Früher versickerte viel Geld einfach irgendwo. Schauen Sie sich einmal die Finanzberichte von 2015 an. Da standen unter ‹Andere Kosten› da mal 150 Millionen und dort mal 165 Millionen. Niemand wusste, wo das Geld hinfloss – heute kontrollieren wir jeden Franken.»
Fifa will Fussball noch globaler machen
Für die Zukunft nennt der Schweizer ein weiteres Ziel. «Ich will den Fussball noch globaler machen. Ich hoffe, dass Länder wie China und die USA noch relevanter werden.»
So soll der neue Messi oder Ronaldo künftig nicht mehr nur bei Real Madrid oder Barcelona unter Vertrag stehen. «Sondern vielleicht auch in Los Angeles oder Peking. Auch den Frauen-Fussball will ich weiter fördern. Das Potenzial ist riesig», so Gianni Infantino.