YB in Glasgow - Interview mit schottischem Rangers-Experten

In der letzten Runde der Europa League Gruppe G spielt YB in Glasgow gegen die Rangers. Mit einem Sieg sind die Berner im Sechzehntelfinal. Mit einem Unentschieden nur dann, wenn gleichzeitig Feyenoord in Porto gewinnt.

Nau hat vor der entscheidenden Partie mit dem schottischen Journalisten Gary Keown gesprochen. Der Reporter schreibt seit 30 Jahren über den schottischen Fussball und die Glasgow Rangers. Aktuell für die Zeitung «Scottish Mail on Sunday».

Nau.ch: Wie sehen Sie die Glasgow Rangers aktuell?

Gary Keown: Die Rangers machen unter Trainer Steven Gerrard grosse Fortschritte und haben sicher das beste Team seit dem Konkurs 2012. Die Frage ist, ob das Team mental stark genug ist, den nächsten Schritt zu machen und wieder erfolgreich werden.

Nau.ch: Was meinen Sie damit?

Gary Keown: Die Rangers haben jetzt seit neun Jahren keinen Titel gewonnen. Am letzten Wochenende ging der Ligacupfinal gegen den Rivalen Celtic trotz überlegenem Spiel verloren. Und vergangene Woche gab das Team in Aberdeen eine 2:0-Führung aus der Hand.

Jetzt muss die Mannschaft eine Antwort geben, zumal die Erwartungen hoch sind. In den letzten Jahren investierte man wieder 40 Millionen Pfund in die Mannschaft.

Nau.ch: Kann die Mannschaft in Top-Besetzung antreten?

Gary Keown: Steven Davis ist der Schlüsselspieler im Mittelfeld, doch er wird gegen YB wegen einer Fussverletzung fehlen.

Ansonsten sind die meisten Spieler an Bord, die Rangers werden ein starkes Team auf den Platz schicken können.

Nau.ch: Welche Spieler sind besonders gut in Form?

Gary Keown: Besonders gefährlich wird Alfredo Morelos sein. Er hat in der diesjährigen Europa-League-Kampagne bereits 13 Tore erzielt. Insgesamt hat er in der laufenden Saison schon 25 Mal getroffen.

Gleichzeitig ist er besonders motiviert, weil man ihn für die Final-Niederlage gegen Celtic mit verantwortlich macht. Er hat zahlreiche Chancen liegengelassen.

Ebenso in Form sind Mittelfeldspieler Ryan Jack, der eine beeindruckende Saison zeigt. Und der schnelle und technisch starke Flügel Ryan Kent, der von Liverpool kam.

Nau.ch: Welches sind die Schwächen der Rangers?

Gary Keown: Grundsätzlich spielen die Rangers nicht schlecht, aber sie haben öfters defensive Aussetzer. Wie im Hinspiel in Bern, als beide Gegentore wegen individueller Fehler zu Stande kamen. Aber auch in der Meisterschaft kassiert das Team viele unnötige Tore.

Nau.ch: Auf was muss sich YB gefasst machen?

Gary Keown: Auf einen Sturmlauf. Die Rangers haben zu Hause Feyenoord 1:0 und Porto 2:0 geschlagen. Und dabei zum Teil ein horrendes Tempo angeschlagen.

Die Finalniederlage gegen Celtic wurmt das Team und die Fans sehr. Darum werden die Rangers angreifen wie die Feuerwehr. Das Ibrox Stadium ist ausverkauft und die Stimmung wird sehr intensiv sein.

Nau.ch: Wie muss YB spielen, um eine Chance zu haben?

Gary Keown: Ich denke, sie müssen bereit sein, von Anfang an dem Druck etwas entgegen zu halten. Ihre Chance wird bei schnellen Kontern liegen, da sind die Rangers anfällig. Und sie müssen das Bestmögliche aus stehenden Bällen holen.

Nau.ch: Welches sind die Erwartungen der Fans in Glasgow?

Gary Keown: Im Umfeld des Clubs und bei den Fans wird jetzt die Qualifikation für die Sechzehntelfinals erwartet. Beim Spiel in Bern hat man gesehen, dass YB eigentlich in Reichweite liegt. Mit weniger Fehlern hätte man das Spiel auch gewinnen können.

Und weil Celtic bereits in der K.o.-Phase steht, wird das jetzt auch von den Rangers erwartet.

Nau.ch: Und welches Resultat erwarten Sie persönlich?

Gary Keown: Ich habe Zweifel, ob die Rangers in der Lage sind, ein Resultat zu holen, wenn es wirklich drauf ankommt. Und die Finalniederlage gegen Celtic bestärkt mich darin. Es wird wohl ein intensiver Abend in Ibrox werden.

Aber ich denke, dass sich die Rangers am Ende mit einem 1:1 qualifizieren werden.